Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 172.jpg

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man diese zwölfjährigen Knaben auftragen kann. Nehmen aber die Baumbesitzer einer Gemarkung oder eines Gemarkungsdistrikts einen oder mehrere Arbeitsleute für die Anlegung und Unterhaltung der Gürtel gemeinschaftlich an, so wird Beides gewiß am besten besorgt, und die Kosten stellen sich höchst geringfügig heraus.

Daß solche Arbeitsleute mit einer ausgiebigen Instruktion über ihre Verrichtungen versehen und in ihren Dienstleistungen zeitweise controlirt werden, ist um so nothwendiger, als die Sicherheit des Mittels gerade durch verkehrte oder mangelhafte Ausführung vielfache Anfechtungen erfahren hat. Und dem zu begegnen, habe ich im vorigen Herbste die hiesige Militärverwaltung ersucht, an ihren Obstpflanzungen die Schutzgürtel anbringen und regelmäßig unterhalten zu lassen; ich darf nicht zweifeln, daß das militärische jubeo der Sache gute Früchte bringen – und den Zweck erreichen lassen wird. Wenn gleich die Behandlung der Schutzgürtel eine ziemlich bekannte Sache für Viele ist, so glaube ich doch darüber hier noch einiges Nähere mittheilen zu sollen. Am besten nimmt man dazu einen Streifen etwas steifes Papier von der Breite einer Mannshand, den man mit Bindfaden in einer Höhe von 4 bis 5 Fuß auf den Baumstamm fest aufbindet. Ist letzterer an der gewählten Stelle nicht ganz rund, wie dieses namentlich bei älteren Stämmen vorkommt, so werden die ungleichen Stellen zuvor mit feuchtem Lehm ausgeglichen. Hierauf gibt man dem Papierstreifen sogleich einen Anstrich mit einer klebrigen nicht zu schnell trocknenden Masse, und zwar sogleich einen zweimaligen, weil der erste, in das Papier eindringend, gewöhnlich zu wenig Körper auf der Oberfläche zurückläßt. Der Steinkohlentheer ist hiezu insbesondere auch wegen seiner Wohlfeilheit sehr geeignet, doch thut man wohl, demselben eine Auflösung von Leinöl und Colophonium in geringer Quantität, die von der größeren oder geringeren Consistenz des Theers abhängt, zuzusetzen, um das sonst schnellere Auftrocknen des Anstrichs bei trockenem Wetter zu verhindern; die kleine Mehrausgabe wird zureichend durch die Ersparung an Arbeitszeit ausgeglichen, indem alsdann die Erneuerung des Anstrichs selten nothwendig wird.

Was die Zeit für die Anwendung betrifft, so ist es rathsam, damit schon vor Ende Oktober zu beginnen, und mit der Unterhaltung bis zum Eintreten sehr starker Fröste fortzufahren. Es ist ausgemacht, daß nicht alle Puppen des Frostschmetterlings im Herbste ausschlüpfen, sondern häufig noch einige Nachzügler, je nach den Witterungsverhältnissen eine größere oder geringere Anzahl derselben, erst im Frühjahre auskommen, deren Raupen davon wiederum im Sommer die letzten sind, welche zur Verpuppung gelangen. Es ist daher rathsam, die Gürtel an den Baumstämmen zu lassen, und im folgenden Frühjahre mit dem Anstriche noch einige Zeit, jedenfalls vom April bis in die Hälfte Mai fortzufahren. Diese Arbeit lohnt sich doppelt, weil damit zugleich eine Menge Rüsselkäfer und andere den Obstbäumen schädliche Insekten auf den Schutzgürteln gefangen werden; man sehe nur um diese Zeit die Gürtel nach, welche saubere Gesellschaft sich auf denselben unfreiwillig zusammenfindet, und man wird meine Bemerkung bestätigt finden. Wer die etwas größere Mühe nicht scheut, und den Gürteln am oberen Theile einen überstehenden oder umgebogenen Rand aus dem steifen Papier desselben geben will, verhütet noch sicherer

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_172.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)