Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 177.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Kultur allein bewirke noch keine Abartung. Man könne eine Pflanze aus der Wildniß auf heimischen Boden versetzen, ohne daß diese die geringste Neigung zur Abänderung zeige; sie müsse dazu auf fremden Boden verpflanzt werden. Verstehe man unter Variiren indeß blos Veränderung der Farbe oder Gefülltwerden, so könne man solche Veränderung auch auf heimischem Boden erzielen; und so habe er selbst aus der wilden Hundsrose durch fortgesetzte Samenzuchten verschieden gefärbte und schön gefüllte Blumen erhalten. Wolle man sich aber bestimmte Begriffe von Variiren machen, so müsse man lesen, wie Michaux von den Hügeln von Burgund wildwachsende Aepfel und Birnbäume nach dem südlichen Amerika verpflanzt habe, wo sie durch wiederholte Aussaaten in der dritten Generation schon die schönsten Früchte gebracht hätten. – Ausartung und Abänderung scheine nur bei den Pflanzen vorzukommen, die sich nicht blos durch Samen, sondern zugleich auch durch Stecklinge oder auf andere Weise fortpflanzten.

Er habe beobachtet, daß die Aussaat von mittelmäßig gefüllten und guten, aber neu aus Kernen gezogenen Rosen schönere Blumen geliefert habe, als die Aussaat von Kernen der schönsten alten Rosen[WS 1], und habe gedacht, daß es bei den Obstfrüchten, die im natürlichen und künstlichen Systeme den Rosen nahe ständen, wohl eben so seyn werde. So habe er aus Kernen neuer Früchte, wenn gleich letztere von geringerer Güte gewesen seyen, als alte Sorten, die trefflichsten Früchte wieder erhalten, und bessere, als aus Kernen der besten alten Varietäten. Ueberhaupt will es aus manchen Sätzen scheinen, als habe Herr van Mons nicht sowohl immer von den besten neueren Früchten die Kerne zu weiterer Aussaat genommen, sondern vielmehr oft von mittelmäßig guten, um desto gewisser treffliche Sorten zu erhalten, und wird wenigstens angeführt, daß die köstlichen Birnen, womit Graf Coloma Pomonens Reich erweitert habe, mit Ausnahme der Birne Urbaniste, sämmtlich von einer sehr kleinen, aber schmackhaften Frucht entstanden seyen, die zahlreiche Kerne habe, und daß es eine gewichtige Auctorität für sich habe, daß man, um recht gefüllte Georginen zu gewinnen, den Samen von mehr einfachen, nicht sowohl von den am stärksten gefüllten Blumen, sondern von einfacheren[WS 2] aber sonst gesunden, gut gebauten, starkstengeligen Blumen nehmen müsse, indem durch Anwendung dieses Prinzips Van Donkelaar so glücklich in Erziehung schöner Georginen gewesen sey, daß man die Blume mit Recht nach ihm Vandonkelaria hätte nennen mögen. Die Ursache liege in der Natur der Varietät, welche immer rasche Uebergänge zu machen suche, wobei die rascheste die vom Einfachen zum Gefüllten sey. Auch sey der Same einer einfachen Blume vollständiger, als der einer gefüllten, wiewohl dieser durch die bestandene große Verwandlung nachgiebiger und daher zum Gefülltwerden geeigneter sey.

Wenn die gewonnene Abänderung von der zweiten Aussaat an die erste Neigung zur Abänderung beibehalte, welche in den folgenden Generationen dann immer stärker werde, so sey das ein Schritt zur Ausartung, wovon eine Sorte nie zurückkomme, sondern darin beharren werde, sie möge in Wäldern wachsen, oder in Gärten gebaut werden. Nach seinen Erfahrungen sey selbst die vierte Aussaat von Wildbirnen

und Holzäpfeln sich ganz

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: aller Rosen (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
  2. Vorlage: von einfacheren fehlt (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_177.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)