Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 183.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Erde wechselnd vorkommen, in ein System zu bringen.

So viel von der Frucht. – Nun zur Kultur der Bäume. Eigene Gärten oder Anlagen von Pfirsichplantagen haben wir nirgends, dagegen stehen die Bäume sehr häufig in unsern Weingärten. – Rechts und links einen Meter (3½′) von den in regelmäßigen Reihen gepflanzten Rebstöcken wird die Erde alle Jahre 2 bis 3 Mal umgearbeitet, gelockert und das Unkraut ausgereutet, wir nennen diese Erdstreifen Eisere, zwischen diesen ist ein schmaler Rasenfleck, dann kommen wieder 2 Eisere mit der Rebenpflanzung in der Mitte, und so ist die ganze Ebene eng mit Reben und schmalen Rasenstreifen bebaut.

In diesen Eiseren, neben den Reben, stehen die Pfirsichbäume; die Mehrzahl davon haben ihr Daseyn dem reinen Zufall zu verdanken. Man ißt die Frucht, und wirft die Steine weg, oder der Stein eines vermoderten Pfirsiches kömmt unter die Erde, dieser keimt das folgende Frühjahr, und das Bäumchen wächst oft ohne Wissen oder Zuthun des Eigenthümers üppig heran. Steht es zufällig an einer Stelle, die dem Eigenthümer taugt, läßt er es wachsen, sonst versetzt man das zarte Bäumchen oft im Mai noch mit dem daranhängenden Kern, oder das folgende Jahr. Im ersten Jahre erreicht das Bäumchen eine Höhe von 1½ Meter (5′) und treibt Zugäste nach allen Seiten, im zweiten Jahr erreicht es eine Höhe von 2 bis 3 Meter (7–10′), wird dicker als ein Finger, bildet die Krone und wuchert im guten Boden so kräftig, daß es im dritten Jahr sich mit Früchten füllt, und geschieht dies nicht, so kann man doch im vierten Jahre der Früchte gewiß seyn.

Wer mit den zufällig heranwachsenden Bäumchen keine Freude hat, weil man die Frucht nicht kannte, und von guten Früchten die Steine eigens aufbehält, um sie zu setzen, der gehört schon zu den fleißigsten Oekonomen. Man kann als Regel nehmen, wie der Pfirsich, dessen Stein man setzt, so die Früchte des jungen Baums.

Ein Veredeln der Pfirsiche kömmt selten hier vor; unter den 1000 und 1000 Bäumen sind wohl kaum 100, welche veredelt wurden. Diese Operation ist bei uns zu Land wahrlich überflüssig, und Niemand wird an Größe, Gestalt, Farbe oder Geschmack der Frucht entscheiden können, ob selbe aus dem Kern gewachsen sey, oder veredelt wurde. Die Veredlung der Pfirsiche geschieht auf das schlafende Aug, gegen die Mitte bis gegen Ende August; geschieht es früher, treibt das Auge leicht aus, und der krautige Trieb geht im Winter zurück. Diese Veredlung wird nur in speziellen Fällen angewendet, wenn dem Eigenthümer daran liegt, gerade diese oder jene frühe oder extra späte Sorte zu haben, zur Schönheit trägt die Veredlung wenig bei, und ebensowenig zur Erzielung eines bessern Geschmacks.

Außer diesem bedarf der Baum keiner Kultur oder Nachhülfe. Er strebt bald in die Höhe, die niedern Aeste werden immer mehr kahl, der Saft zieht sich nach den Spitzen, und die untern Zweige dorren von selber ab; je älter ein Pfirsichbaum, desto weit ausgedehnter und höher die Krone. Das Wachsthum überläßt man hier einzig der Natur, und das Abnehmen der Früchte oder das Schütteln des Baums, daß sie zu Boden fallen, ist die einzige Arbeit und Mühe; selten bekömmt ein Pfirsichbaum einen Pfahl, im zweiten Jahre ist dieser auch ohnedem stets überflüssig; von einem Beschneiden, oder Einkrazen der Augen von

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_183.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)