Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 200.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ist, unbekümmert darum, ob es auch in der gewünschten Richtung sitzt; also bei Erziehung von Hochstämmen immer das stärkste Auge. Gewiß macht das Anbinden und spätere Fortnehmen des Zapfens etwas Mühe; wer jedoch die günstigen Erfolge dieser Methode sowohl in der Baumschule, als beim Schnitt der künstlicheren Baumformen erst durch eigene Erfahrung erprobt hat, wird diese Mühe für wohl angewandt erklären.

Bemerkung zu obigem Aufsatz.

Die hier erwähnte Methode, welche mein sehr verehrter Freund Hoverbeck mir vor zwei Jahren mitzutheilen die Güte hatte, wird seit dieser Zeit in der Hohenheimer Baumschule mit dem entschiedensten Vortheile bei allen jungen, dem Rückschnitt unterworfenen Kernobstbäumen in Anwendung gebracht. Ich verfahre dabei in folgender Weise. Ich halte den Daumen auf das für Hervortreibung des neuen Leitzweiges[WS 1] ausgewählte Auge und schneide das folgende darüber stehende Auge aus und unter dem jetzt folgenden stutze ich den Zweig ab. Da der nun über dem vorher ausgewählten Auge bleibende Zapfen keine Augen mehr hat, so trocknet er sehr bald bis zu dem Punkt ein, wo der neue Trieb beginnt. Letzteren binde ich mit Bast, wenn er anfängt, sich zu verholzen und fest zu werden, an den Zapfen an und stutze zugleich die nächsten 2 oder 3 Seitentriebe (unterhalb dem neuen Leittrieb) etwas ein. Hierdurch wird der Saft zum Theil auf die unteren Seitentriebe zurückgedrängt, theils dem Leittrieb zugeführt und einem Ueberwachsen und einer Unterdrückung des Leitzweigs durch solche Afterleitzweige vorgebeugt. – Gewiß sind mit mir viele Baumzüchter dem Herrn Hoverbeck für die Bekanntmachung mit dieser von ihm zuerst eingeführten wichtigen Vervollkommnung, der Dittrich’schen Erziehungsmethode sehr dankbar.

Ed. Lucas.



Lebhafter Verkehr in den Baumschulen in Württemberg im Frühjahr 1855.

Welchen großen und nachhaltigen Einfluß größere Ausstellungen haben, geht erst deutlich hervor aus den zahlreichen Bestellungen, die unsere hiesige und andere bekanntere Baumschulen des Landes im vorigen und besonders in diesem Frühjahr erhielten. Die hiesige Baumschule hatte allein heuer gegen 20,000 Stück Edelreiser abzugeben und zwar zum größten Theil wurden als Bäume und Reiser jene kleine Zahl von Sorten verlangt, die bei der Versammlung in Naumburg als die empfehlungswerthesten bezeichnet wurden. Möchten hieraus die Besitzer kleinerer Baumschulen die Regel sich selbst ableiten, nur eine kleinere Anzahl aber richtig benannter und allgemein als sehr ergiebig und werthvoll erkannter Sorten zu kultiviren und zu vermehren; sie würden dadurch sich selbst und dem Obstbau im Allgemeinen mehr nützen, als durch Sortimente, die eine Menge Sorten enthalten, aus denen selbst der Pomolog oft nicht klug werden kann, Sorten die sie zum größten Theile gar nicht selbst kennen.

Ed. Ls.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Leiteweiges
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_200.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)