Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 207.jpg

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Kartoffelsorten zeigen. Darüber aber bin ich mit dem Herrn Verfasser einverstanden, daß die Brauchbarkeit der vorhandenen Obstsysteme durch die an den Obstfrüchten so oft vorkommenden Abweichungen von der Beschaffenheit, die sie am Orte und im Boden dessen zeigten, der ein Obstsystem entwarf und Obstbeschreibungen anfertigte, wenigstens vor der Hand und bis wir über die vorkommenden Abweichungen allseitigere Beobachtungen gesammelt haben, sehr verringert werde, und habe ich deßhalb immer darauf gedrungen, das Obst durch Probebäume kennen zu lernen, wo man die Natur selbst vor Augen hat, und bei obwaltenden Zweifeln über die Aechtheit einer Sorte sich leicht vergewissern kann, indem man sie aus einer andern zuverlässigeren Quelle nochmals kommen läßt.

Auch darin muß ich dem Herrn Verfasser ganz beistimmen, wenn er S. 178 sagt, daß zur Berichtigung der noch so tief im Argen liegenden Nomenclatur des Obstes und zur gehörig sichern Ermittelung der vorzugsweise anzubauenden Obstsorten, die begonnenen Centralausstellungen, so werthvoll sie an sich sind, schwerlich recht wirksam werden können, wenn nicht erst in öfteren Provinzialausstellungen und durch dabei angestellte permanente Commissionen die Nomenclatur und der Werth der Früchte in den einzelnen Provinzen mehr festgestellt worden ist. „Ich bin,“ sagt der Herr Verfasser, „vollkommen durchdrungen von der Wichtigkeit der begonnenen Centralausstellungen; allein nach meiner allerdings nur subjectiven Anschauung und Erfahrung, welche ich über die Bestimmung der Obstsorten seit einer langen Reihe von Jahren gewonnen habe, ist es auf diesem Wege mit dem besten Willen, den tüchtigsten Kräften und den reichhaltigsten Probesammlungen von richtigen Früchten, nicht möglich, daß für die Berichtigung der Sorten auch nur annähernd etwas Vollkommenes zum Abschlusse gebracht werden kann. Centralausstellungen haben einen entschiedenen Werth, insofern die gegenseitigen Leistungen im Obstbau aus verschiedenen Gegenden durch sie zur Anschauung gebracht werden und der Wetteifer einen Impuls erhält, allein für die Berichtigung der Nomenclatur sind die Provinzialausstellungen weit wichtiger; die ersteren kommen erst dann in die Lage, hiefür erfolgreich zu wirken, wenn die letzteren ihre fleißigen Arbeiten überall vollendet haben und den Centralausstellungen vorangegangen sind. Dazu gehört aber, daß bei den Provinzialausstellungen permanente Commissionen gebildet werden, die sich mit Sachkenntniß der Berichtigung resp. Bestimmung der Obstsorten unterziehen. Jedermann weiß, daß die Berichtigung von einigen hundert Früchten nicht das Werk von ein oder zwei Wochen ist, sondern daß dazu Monate gehören. Je nach dem Orte der Aufbewahrung und der Zeitigung kann die Berichtigung der Früchte nur zu verschiedenen Zeiten erfolgen; mit dem bloßen Ansehen und dem Vergleichen der äusseren Merkmale können wohl bestimmt ausgesprochene Formen, wie z. B. der Gravensteiner, der Rothe Taubenapfel, die Forellenbirn, Grumkower Winterbirn berichtigt werden; allein für die bei weitem größte Mehrzahl sind selbst für den Geübtesten zeitraubende Methoden und litterarische Hülfsmittel zur Berichtigung erforderlich. In Betracht kömmt weiter noch die Verschiedenheit des Bodens, der Lage und des Klimas zwischen Nord- und Süd-, Ost- und Westdeutschland und die Thatsache, daß die Vollkommenheit mancher Früchte an einzelne gute Jahrgänge gebunden ist; so daß wirklich werthvolle, allgemein richtige Resultate nur aus einer gründlichen Erforschung dieser Thatsachen hervorgehen können.“ Wir wollen, indem wir diesen Bemerkungen beistimmen, nicht abschrecken, das zur Berichtigung der Nomenclatur und zur Bestimmung des Werthes der Obstsorten auf den Centralausstellungen Mögliche auch schon zu versuchen, indeß darauf aufmerksam machen, daß man dort nicht recht viel fest abschließen wird.[1] Wie verschieden der Werth von Obstsorten, die in einer Gegend ausserordentlich geschätzt und viel gebaut werden, in einer andern Gegend seyn kann, davon führt der Herr Verfasser, neben der Bemerkung, daß manche unserer besten Obstsorten, wie Pigeon rouge, Engl. Goldpepping, Grüne Reinette, Calville blanc, Wyker Pepping (Rein. v. Orleans), Schönste Winterbirn, Wildling von Motte, Sparbirn, Sommer Apothekerbirn, in Amerika werthlos befunden seyen, noch die lehrreiche Erfahrung an, daß

während in Württemberg der Edle Winter-Borsdorfer


  1. Ich kann nicht unterlassen, hier meine abweichende Ansicht wenigstens anzudeuten. Gerade die Centralausstellungen haben mir stets die wichtigsten Resultate geliefert und ich habe da die herrlichsten Vergleiche der in ihren Formen und Färbungen abweichenden Sorten anstellen können; ich konnte mich da über einzelne wichtigere Sorten in einer Stunde mehr belehren, als Jahrzehnte lange Forschungen es möglich gemacht hätten. Bei einer bald sich darbietenden späteren Gelegenheit werde ich mich darüber ausführlicher aussprechen.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_207.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)