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10) Winter-Apothekerbirne. Wollten wir in die Einzelnheiten dieser Apfel- und Birnsorten, wie sie Lucas erschöpfend entwickelte, eingehen, so müßten wir die ganze Abhandlung wiedergeben. Im Ganzen genommen wird diese Auswahl vor einer billigen Kritik wohl bestehen können, wenn auch in der Auswahl dieser oder jener Sorte Bedenken entstehen; die Carmeliter Reinette erscheint nach vielseitiger Erfahrung nicht in jedem Klima und jeder Gegend fruchtbar, wie sie z. B. hier in geschützter Lage selten Früchte ansetzt, wenn auch der Baum von Blüthen strotzt; der Rothe Taubenapfel verlangt absolut tief gehenden Boden und wird auch an Güte von gar vielen Sorten übertroffen; der Französische Katzenkopf ist zum Anbau als Hochstamm nicht geeignet, weil die sehr großen Früchte durch Winde abgeworfen werden und trägt nur zum Kochen, zu welchem Zwecke wenige Obstfreunde Zwergformen anwenden werden; die Winter-Apothekerbirne hat von jeher ihre großen Verehrer, aber auch ihre Verächter gehabt, was sie ihrem Eigensinn auf Boden und Früchteansatz verdankt. Auch wird Mancher vermissen, daß die Sommerfrüchte, welche für den Markt so große Bedeutung haben, ganz übergangen sind. Ferner mag es auffallen, daß in dem Aufrufe der Commissäre der Gartenbaugesellschaft in Berlin, welche die große Aufgabe übernommen hat, die Vorbereitungen zur nächsten Versammlung und Ausstellung in Wiesbaden zu treffen, die Weiße Herbstbutterbirne, welche von der Versammlung in Naumburg in den Vordergrund gestellt wurde, gerade als solche bezeichnet, die in vielen Gegenden durchaus mißrathe. Allein es ist Folgendes bei meinem unparteiischen Urtheile in die Wagschaale zu legen. Herr Professor Dr. Koch, der Vorsitzende jener Versammlung, hatte seine guten Gründe, nur eine mäßige Anzahl von Kernobstfrüchten zur allgemeinen Empfehlung hervorheben zu lassen. Eine gründliche Berathung der vorliegenden Frage hätte Vorbereitungen und Untersuchungen nöthig gemacht, welche mehrere Tage erfordert hätten, während zur Lösung der Frage nur die kurze Zeit von zwei Stunden übrig blieb, weil die Commission mit Geschäften überhäuft war; man übersehe nicht, wie schwer es ist, viele Köpfe unter einen Hut zu bringen; sodann ist zu bedenken, daß die Ausstellung und Versammlung in Naumburg nur der schöne Anfang zur weitern Fortführung der gestellten Aufgabe war und daß zu einer Revision des aufgestellten Sortiments in Wiesbaden von selbst der Anstoß erfolgen wird, wo sodann auch der Aufstellung einer größeren Anzahl von empfehlenswerthen Früchten wird Rechnung getragen werden können. Die öffentliche Stimme kann sich bis dahin aussprechen und die Berathungen mit ihren Vorschlägen und Einwendungen unterstützen; gewiß aber wird sie im Allgemeinen anerkennen, daß die zur allgemeinen Anpflanzung empfohlenen Früchte die Erwartungen zum bei weitem größten Theile nirgends täuschen werden. Es ist unmöglich, Allen Alles gerecht zu machen!

Herr Irmisch, Lehrer in Magdeburg empfiehlt zu den Saaten von Bäumen und Sträuchern die Herbstzeit. Sobald die jungen Pflanzen 2–4 Blätter entwickelt haben, werden sie auf gut rigoltes Land gebracht, man beschneidet die Wurzeln und setzt die Pflanzen auf 18″ Entfernung, in Reihen 22 Zoll breit von einander entfernt. Es soll dadurch das Wachsthum so befördert werden, daß Pfirsich-Sämlinge im ersten Jahre ½–1″ stark an der Basis werden; Apfel- und Birnsämlinge 3′ hoch wachsen und im ersten Jahre oculirt werden können. Es wird zu dieser Methode freilich viel Land erfordert, aber sie ist lohnend.

Pepin gibt in der Revue Horticole folgende Anweisung zum Einkneipen der Aprikosenbäume: Man kneipe nicht ein, so lange die Zweige sich noch im krautartigen Zustande befinden. Man schneide die kleinsten Triebe bis auf Ein Auge zurück, und behalte nun die kleinen Zweige bei, welche in eine Blüthengruppe endigen. Letzteren läßt man ihre ganze Länge oder schneidet sie höchstens zur Hälfte ein. Der Aprikosenbaum entwickelt, regelmäßig beschnitten, im Sommer lange, starke Zweige, welche oft unter dem Auge austreiben, von welchem man den Laubzweig erwartete; man muß daher im nächsten Sommer auf einen Seitenzweig schneiden, was ein Uebelstand ist, durch Unterdrückung der überflüssigen starken Seitenzweige entsteht aber gerne Harzfluß; auch zerstören diese starken Triebe oft die schwachen Fruchttriebe, daß man neue erzeugen muß. Ueberläßt man die Aprikosenbäume sich selbst, so werden sie an ihrer Basis kahl; man muß daher, um Blüthentriebe zu erhalten, die Aeste von Zeit zu Zeit einkürzen, aber dieß erzeugt Harzfluß. Man schneide, um schöne Hochstämme zu erhalten, den ersten Trieb aus dem eingesetzten Auge auf 4–6 Augen zurück. Die Seitenäste müssen dann im Mai bis Juni eingekneipt werden, um ihnen Fruchttriebe, statt Holztriebe zu verschaffen. Auch den Endtrieb kneipt man auf zwei Drittel seiner Kürze ein

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_209.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)