Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 268.jpg

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seyn muß, recht zahlreiche Gemeindebaumschulen in’s Leben treten zu sehen, so ist bei der Schwierigkeit, die in gar vielen Fällen, bezüglich einer wirklich geeigneten Lage, für viele derselben sich findet, und da ein tüchtiger Baumzüchter in einem Bezirke oder Oberamt leichter zu erhalten ist, als 20–30 derselben, es vorläufig sehr wünschenswerth, wenn nur in jedem solchen Bezirk wenigstens eine größere Baumschule in schwunghaftem Betrieb dasteht, welche die für den Bezirk ungefähr nothwendige Anzahl Bäume in den besten, tauglichsten und einträglichsten Sorten liefert. Man sey aber bei der Wahl von einem Grundstück für dieselbe um so vorsichtiger, als gerade davon das fernere Gedeihen abhängt und ein Fehler hier von den nachtheiligsten Folgen ist. Freie, offene Lage und guter tiefgründiger Boden, der nicht durch stauende Nässe leidet, noch Ueberschwemmungen ausgesetzt ist, bleibt immer das erste Erforderniß.

Möchten diese Zeilen, die, wenn sie auch von den Verhältnissen des Obstbaues in Württemberg ausgehen, doch für so manche Gegenden Deutschlands ihre Anwendung finden, dazu dienen, auf eine planmäßigere Erziehung der jungen Obstbäume hinzuleiten, sowie vor der Anlage von Baumschulen von zu großer Ausdehnung zur Spekulation zu warnen; es hat sich hierbei schon mancher Gärtner und Oekonom, der sonst das Rechnen wohl versteht, sehr verrechnet. Eine Baumschule ohne hinreichenden Absatz ist ein sich selbst verzehrendes Kapital. Dagegen werden geordnete Baumschulen, seyen es Privat-, Gemeinde- oder Distriktsbaumschulen, die ihre jährlichen Anpflanzungen nach einem, dem Bedarf entsprechenden Plan einrichten, sich gewiß rentiren. In der Größe und dem Umfang einer Baumschule liegt auch nicht ihr Werth und ihre Bedeutung, sondern in der Richtigkeit und sorgfältigen Auswahl ihres Sortiments und in der intensiven Kultur der angepflanzten jungen Bäume, also darin, daß wenigstens ¾ der angepflanzten Stämmchen zu schönen, preiswürdigen Bäumen erzogen werden. Eine Baumschule, die 20 Jahre lang jährlich 1000 St. Bäume liefert, ist aber sicher rentabler, als eine solche, die die gleiche Zahl (nämlich 20,000 St.) in 1 Jahre zum Verkauf bringen kann; dieß läßt sich durch viele Erfahrungen beweisen, und deßhalb möge auch jeder, der eine Baumschule anlegt, gleich von vorn herein möglichst gleiche Abtheilungen (Schläge) bilden (10–12), von denen jährlich nur eine zur Anpflanzung kommt. Gewöhnlich wird aber anders verfahren; man bestimmt einen Platz zu einer Baumschule und pflanzt denselben, um recht bald viele Bäume zu erhalten, ganz, oder wenigstens sogleich zur Hälfte an. Da es dann später an Raum fehlt und man doch die Baumzucht fortsetzen möchte, der Platz auch einmal umzäunt ist, so ist man genöthigt, gleich wieder auf denselben Platz, von welchem erst Bäume genommen wurden, wieder nachzusetzen. Solche Baumschulen liefern aber leider zum großen Theile dann nur Schwächlinge und krüppelhafte Bäume; sie nützen zur Förderung des Obstbaus nichts und sind ein fortlaufender Schaden für den Baumzüchter.

Ed. Lucas.



Pomologische Mittheilungen.
Vom Herrn Professor Ed. Lange in Altenburg.
I.

Ein junger Obstbaum mit gesunder, glatter, glänzender Rinde wird jeder Zeit

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_268.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)