Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 270.jpg

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aus, sondern sie durchziehen dieselbe in einer Tiefe von wenigen Zollen.

Wie empfindlich aber selbst alte kräftige Bäume gegen das Ueberschütten ihrer Wurzeln seyn können, davon habe ich vor etwa 10 bis 12 Jahren hier in Altenburg einen recht schlagenden Beweis erlebt. Es war nämlich der große Teich südlich von der Stadt an der Zwickauer Straße ein Stück geschlämmt worden, und die benachbarten Feld- und Wiesenbesitzer holten denselben Schlamm von dem zur Promenade dienenden Teichdamm nicht so schnell weg, als man um der Reinlichkeit der Promenade willen wünschen mochte. Daher entschloß man sich, einen Theil des übrig bleibenden Schlammes auf einen Rasenstreifen von 3 bis 15 Ellen Breite zu schaffen, welcher auf der Westseite des Teiches zwischen der Promenade und einem kleinen Bache innen liegt, und erhöhte damit den Boden um etwa 1 bis 1½ Fuß. Im nächsten und zweitnächsten Jahre darauf gingen aber in der ganzen Allee, genau so weit als diese Auffüllung erfolgt war, sämmtliche, um das Jahr 1778 angepflanzte, Roßkastanienbäume ein, so daß von 36 starken und kräftigen Bäumen auch nicht ein einziger am Leben blieb, und die Allee, trotzdem daß die Wurzeln dieser Bäume auf der andern Seite, nämlich unter der Promenade selbst, keine Aufschüttung erfahren hatten, hier eine große, noch heute sichtbare Unterbrechung erfuhr. Allerdings waren diese Bäume bereits ungefähr 70 Jahre alt; aber wenn ihr hohes Alter die Ursache dieses Absterbens gewesen wäre, würden wir die übrigen, nunmehr 80jährigen Bäume, auf derselben Seite der Promenade nicht noch heute fast ohne Ausnahme frisch und munter dastehen sehen, sondern sie würden jenen 36 in wenigen Jahren nachgefolgt seyn.

Mögen aber auch die Obstbäume nicht so empfindlich gegen das Ueberschütten ihrer Wurzeln seyn wie diese Roßkastanienstämme, so habe ich doch auch bei ihnen schon oftmals die Erfahrung gemacht, daß Anpflanzungen derselben lediglich deßhalb nicht recht gedeihen wollten, weil man sie, oft mit allem Vorbedacht, 2 und mehr Zoll tiefer gepflanzt hatte, als sie in der Baumschule gestanden hatten. Deßhalb gebe ich den Landleuten, welche neue Obstanlagen machen wollen, für das Pflanzen der jungen Bäume gewöhnlich den Rath: „Nur nicht zu tief!“ und glaube sie damit gut zu bewahren, so wenig ich auch die jungen Obstbäume an gewissen Chausseen vergessen habe, die, nachdem sich der Boden gesetzt hatte, zuletzt an starken Pfählen fast frei in der Luft schwebten, so daß ihre vertrockneten Wurzeln nur durch Anschütten von Boden wieder verdeckt werden konnten.

III.

Seit einigen Jahren werde ich von hiesigen Bauern um so viel junge Rettigbirnbäume[1] angegangen, wie ich kaum zu liefern vermag. Sie begehren gleich 15 bis 20 Stück auf einmal und setzen diese auch gleich alle neben einander. Freilich ist auch die Rettigbirn für die hiesigen Verhältnisse eine so vorzügliche Birnsorte, daß ihr wohl kaum eine andere an die Seite gesetzt werden kann. Gegen die Kälte ist sie weder im Holze noch in den Tragknospen empfindlich. Sie trägt alljährlich und zwar reichlich, und ihre

kleinen, grünen, unansehnlichen und vom


  1. Es ist hier die Leipziger oder Coldizer Rettigbirn gemeint, eine Obstsorte, die auch aus andern Gegenden Norddeutschlands, namentlich von dem verdienten Pomologen C. Müller in Züllichau sehr gerühmt wird.
    Die Red.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_270.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)