Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 275.jpg

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und der pomologischen Sprache des Volks verdrängen und zu allgemeiner Adoptirung der von unsern deutschen Pomologen gegebenen deutschen Obstnamen ermuntern wollen. Ich habe daher auch in der Anzeige des ersten Bandes des hier besprochenen Handbuches es nicht mißbilligt, daß der Herr Verfasser bei den aus dem Auslande gekommenen Obstsorten, den ursprünglichen Fremdnamen vorangestellt hat, und nur gewünscht, daß er für den Unkundigen den von Diel und andern classischen deutschen Pomologen gegebenen deutschen Namen der Sorte durch irgend etwas kenntlicher hätte machen mögen; wie es mir denn auch zusagt, daß Herr Dochnahl in seinem gleichen Werke sich strenge an die von unsern Pomologen, namentlich von Diel gegebenen deutschen Benennungen, die vorangestellt sind, hält, und wo er solche nicht fand, gewöhnlich einen glücklichen Griff in Ertheilung eines deutschen Namens gemacht hat. Die Baumschulenbesitzer aber sollen, wie ich dringend gewünscht und gebeten habe, zunächst nur die von unsern Pomologen geprüften und für unsere Gegenden schon sicherer bewährten Obstsorten verbreiten, und wo die sehr großen Baumschulen etwa dennoch noch nicht geprüfte neuere Sorten aufnehmen zu können und zu müssen glauben, da ist es am rechten Orte, daß sie diese unter den ursprünglichen Fremdnamen aufführen. Meine Bemerkung war gegen die bisherige gewöhnliche Beschaffenheit der Kataloge deutscher Baumschulen gerichtet, die ein buntscheckiges Gemisch von deutschen und ausländischen, oft jämmerlich corrumpirten Namen darstellten, die pomologische Sprache ist nicht bloß für die Wissenschaft, sondern zunächst für das Volk und selbst dessen ungebildeteren Theil, der fremde Sprachen nicht kennt, bestimmt, und darum soll jede Obstsorte, die wir kennen, einen deutschen Namen erhalten. Der Herr Verfasser hat selbst öfter bemerkt, wie jämmerlich die Fremdnamen in deutschen Obstkatalogen oft corrumpirt werden, wo z. B. Louise bonne sich als Lissabonner fand und ich irgendwo von einer Winter epine d’été, Calville rouge die rothe, gelesen, oder im Volke Namen wie Engl. Laterne (Angleterre), Schwengtscherseng etc. gehört habe; – wie denn auch der Hr. Verfasser S. 60 der Einleitung dem selbst beizustimmen scheint, und bemerklich macht, wie die deutschen Namen oft selbst in wissenschaftlichen Katalogen des Auslandes arg corrumpirt würden, was selbst öfter im Kataloge der Horticultural Society geschehen sey, wo z. B. Grunken Berger’s Krachapfel, Hoskreiger, Marmorister Sommer Pepping, Reinette von Claveral, Dietzer Mandelsreinette, Credo’s Gütten Reinette etc. sich findet. Alle deutschen Pomologen sind daher auch einstimmig bisher der Sitte gefolgt, die Fremdnamen durch einen deutschen zu geben. Haben wir nun bisher – wohl keinen pomologischen Papst, – aber auch keine genügende pomologische Auctorität, laufen die von unsern classischen Pomologen benannten Obste immer noch unter allerlei Namen um, und erlaubt sich bald dieser, bald jener daran willkürliche Aenderungen, so sage ich dazu von ganzem Herzen ein quod male! und spreche es als meine bestimmteste Ueberzeugung aus, daß, wenn wir jetzt nicht Selbstverleugnung genug und Sorge genug für Emporkommen rationellen Obstbau’s haben, um der Auctorität eines Diel, Truchseß und Liegel uns unterzuordnen, die mit Mühe und Kosten geleistet haben, was so leicht ein Anderer nicht leisten wird, dann zu Lebzeiten dieser Männer, wo wenigstens unter den Pomologen Uebereinstimmung war, in der Pomologie mehr Fortschritte gemacht seyn werden, als künftig zu hoffen sind, und es auch künftig zu respectirten Beschlüssen einer pomologischen Versammlung nicht, es sey dann nach langen und schädlichen Wirrsalen, kommen werde. Ich meinerseits habe der Auctorität unserer classischen[WS 1] Pomologen mich willig untergeordnet und werde mich an die von ihnen gegebenen Obstnamen auch ferner streng halten (wie ich mir denn überhaupt meine Aufgabe zunächst nur darin gesetzt habe, die Frage möglichst weiter zu fördern, welche Obste in unsern Gegenden die besten und einträglichsten sind). Wer es mit Emporkommen des Obstbaus redlich meint, thue es auch, und dieß wird nicht nur der beste Weg werden, aus dem Chaos herauszukommen und die vielen Synonymen aus der Praxis zu entfernen, sondern es wird dann auch hoffentlich eines künftigen pomologischen Tridentinums nicht bedürfen – was sehr zu wünschen ist, da kein Grund ist, zu hoffen, daß man künftig einiger und selbstverleugnender seyn werde, als jetzt.

Mit ganzem Herzen stimme ich dagegen mit dem Herrn Verfasser in dem Wunsche überein, daß man den unlängst von dem Preußischen Gartenbau-Vereine erlassenen Aufruf nicht mißverstehen und unrecht deuten möge, wozu, wie erwähnt wird, bereits einiger Anschein sey, und daß derselbe veranlassen möge, daß die großen Baumschulen, sowohl unseres Inlandes, als wieder diese mit den pomologischen Anstalten zu London und Brüssel gegenseitig

Pfropfreiser austauschen möchten, um Irrthümer

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: cassischen
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_275.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)