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erfolge. Für den Sommer wird ein sehr starkes Begießen empfohlen.

Referent kann sich der Bemerkung nicht enthalten, daß ein Weinstock, auf solche Weise behandelt, sich gewiß bald erschöpfe, und daß eine hübsche und egale Bekleidung der Wand bei dieser Methode kaum möglich ist. Nässe ist dem Weinstock von Natur zuwider.

Die Artikel, welche Herr Hofgärtner Jäger zum Verfasser haben, tragen alle das Gepräge des denkenden, erfahrenen, praktischen Gärtners an sich, und interessiren ebenso durch ihre angenehme Form, als durch belehrenden Inhalt und so auch die Abhandlung: Welche Mittel müssen angewendet werden, um alljährlich Obst zu erndten? Herr Jäger macht vor Allem auf die Auswahl sehr fruchtbarer und spät blühender Sorten aufmerksam, als die Grundlage aller guten und nachhaltigen Erndten. Er gibt jenen Sorten vor allen den Vorzug, welche alljährlich Fruchtspiese und Riegelspiese ausbilden; z. B. Zimmtreinette, Graue französische Reinette, Französische Goldreinette, Große Casseller Rein., Rein. v. Orlean, Gestreifte Sommerparmäne, Großer rheinischer Bohnapfel, Gelber Winter Karthäuser und andere. Unter den Birnen nennt er die Weiße Herbstbutterbirne; unter den Kirschen: Rothe Mai-K., Doppelte Glas-K., Holländische Prinzessin-K., Rothe Muskateller-K.; unter den Pflaumen: Rothe und Violette Diapreé, Italienische Zwetsche (ist in Süddeutschland nicht sehr fruchtbar), Weißer und Bunter Perdrigon, Weiße Reitzensteiner, Coë’s (nicht Coes) Goldpflaume, Lange violette Damascene, Frühe Herrenpflaume, Königspflaume von Tours, Gelbe Mirabelle (kleine), Grüne Reineclaude.

Herr Jäger empfiehlt einige Bäume auf die Nordseite zu setzen, wo ihre Blüthezeit später eintritt; zu gleichem Zwecke soll man die Wurzeloberfläche mit Eismassen bedecken. Für Spaliere werden angelegentlichst Schutzdächer von Stroh empfohlen, welche 1–2′ breit über die Spaliere sich ausbreiten.

c. Obstbenutzung.

Nr. 31 gibt eine Anweisung zur Bereitung des Obstmostes nach französischer Art, welcher an jeder Zeile abzusehen ist, daß dem Verfasser die praktische Anschauung und Erfahrung abgeht. Das hier angegebene Verfahren der Franzosen ist für den Landmann viel zu weitläufig und erfordert zu vielerlei Geschirre und Manipulationen. So viel ich höre, wird im Laufe dieses Jahres Herr Garteninspektor Lucas eine Brochüre über Mostbereitung u. s. w. erscheinen lassen, worauf ich vorläufig aufmerksam machen will.

Für ein sehr warmes Wort an junge Gärtner, welche zuweilen so geringschätzig von der Kunst, Bäume zu beschneiden und zu behandeln, urtheilen, und das Erlernen des Zwergbaumschnittes unter ihrer Würde halten, muß man dem Herrn Hofgärtner Jäger Dank wissen; denn wenn nicht bald diesem Zweige der Gärtnerei mehr Liebe und Aufmerksamkeit zugewendet wird, so kann es noch, wie Herr Jäger sagt, dahin kommen, daß man zuletzt nur noch bei Pomologen edlere Obstculturen antrifft, da tüchtige Männer, welche einen Baum gut zu schneiden verstehen, immer seltener werden.

Diese Rundschau im Jahrgange 1854 der Thüringer Gartenzeitung breitet ein Bild davon vor uns aus, mit welchem regen Interesse der Hr. Redacteur jener Blätter in neuester Zeit pomologischen Studien seine Thätigkeit zuwendet. Es sind zum Theil noch nicht ganz abgeklärte Raissonnements, denen wir als Gegengewicht unsere Erfahrung gegenüber stellten, zum Theil aber auch sehr anregende Ideen, welche uns zur dankbaren Anerkennung verpflichten.

Hörlin.




Aus einer Anzeige von Oberdieck’s Anleitung zur Kenntniß des besten Obstes etc. vom Herrn Prof. Wappäus in Göttingen (aus den Göttingischen gelehrten Anzeigen 1853. Schluß.)

Was zunächst den letzten Punkt, die Furcht vor der Beschattung durch die Obstbäume betrifft, die namentlich unter den kleinen Landwirthen noch so übertrieben ist, daß sie sogar zur heimlichen Zerstörung neuer Anpflanzungen an Wegen veranlaßt hat und die um so schwerer zu überwinden seyn wird, da bei unserem Landmann durchgängig sehr wenig oder gar keine Liebe für Bäume vorhanden ist, so ist es unnütz, auf die gegentheiligen Erfahrungen in anderen Gegenden, wie z. B. im südwestlichen Deutschland, in einem Theile Sachsens, in Belgien, zu verweisen, denn unser Bauer muß, ehe er glaubt, immer erst selbst sehen, und ist überhaupt schwierig zu Neuerungen zu bewegen, was wir im Uebrigen keinesweges geradezu

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_279.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)