Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 294.jpg

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an großen Zwergfrüchten zu suchen. Dieselben haben stets etwas Ungewöhnliches und täuschen auch in ihrem Reifpunkt und Geschmack. – Dittrich erwähnt Th. I, S. 524 und 661 f. der abweichenden Form der Früchte von Franzbäumen und Hochstämmen. Meinen Bemerkungen nach werden die Früchte auf Wildling stets höher, gespitzter und in sofern sie zu Kanten geneigt sind, kantiger und rippiger als auf Johannisstamm oder Quitte[1], auf diesen Unterlagen aber gedrängter, kürzer, kugeliger und dabei glatter. Doch sollen sich nach den Bemerkungen einiger Pomologen die Früchte von älteren Zwergbäumen immer mehr der eigentlichen Form nähern. Welchen Einfluß der Weißdorn als Unterlage für Birnen auf die Form äußere, darüber kann ich noch keine Beobachtung mittheilen. Diese Unterlage hat aber in neuerer Zeit und mit allem Recht sehr an Empfehlung verloren. Ich weiß wohl, daß manche Obstzüchter der Unterlage einen weit größeren Einfluß auf das Pfropfreis zuschreiben wollen, z. B. Wendland im Gartenmagazin VII, 52, Mayer in der pomona franconica III, 106, 107, und selbst neuerlich noch Bosch im Correspondenzblatt des Württembergischen landwirthschaftlichen Vereins 1835, S. 269 und andere. Ich habe aber nie etwas Aehnliches bemerken können. Vgl. meinen Aufsatz über den Einfluß der Unterlage auf das Edelreis im Universalblatt 1836, Bd. 10, S. 232. Eine völlige Veränderung der Sorte durch die Unterlage halte ich für unmöglich. Wohl aber mag es seyn, daß durch fortwährendes Pfropfen einer Sorte auf eine solche nicht ganz naturgemäße Unterlage, auch die Sorte nach und nach immer mehr dasjenige annimmt, was ihr die Unterlage mittheilen kann, d. h. unvollkommener in Ausbildung ihrer Form, Größe, Farbe etc., dabei feiner oder gröber im Fleisch und Geschmack, überhaupt zärtlicher oder härter wird, und so nach und nach von derselben Sorte, welche fortwährend auf Wildling gepfropft worden, mehr und mehr abweicht, ohne jedoch sich deßhalb ganz zu verändern. – Mehr über den Einfluß der Unterlage auf die Frucht wird künftig bei der Farbe und bei der Güte der Frucht zu erwähnen seyn. – So viel bleibt aber jedenfalls gewiß, daß nur der Wildling als die natürliche Unterlage anzunehmen und nur nach den auf solchen Bäumen frei erwachsenen Früchten die Sorte beurtheilt werden kann. Aber auch gegen diese Regel, so natürlich sie ist, ist seither von den Pomologen gar sehr verstoßen worden, und es sind wohl viele Beschreibungen und Abbildungen nach Früchten von Topf- oder Zwergbäumen gemacht, ohne daß dieses jedesmal angedeutet worden wäre.

Diel hat seine Beschreibungen häufig nicht bloß nach Früchten von Zwergstämmen, sondern wahrscheinlich auch nach Früchten seiner Scherbenbäumchen gemacht (vgl. a. a. O. H. I, 25, H. IV, 219, H. X, 150, H. XX, 122, H. XXI, V, Verzeichniß II, VIII), und so scheint es auch bei Christ der Fall (vgl. Pomologie I, 382), und von Aehrenthal bemerkt S. II seiner, einem Hefte des 2. Bandes von Deutschland’s Kernobstsorten beigegebenen Antwort auf eine Recension dieses Werks: „daß der größere Theil der (von ihm zur Abbildung benutzten) neueren Früchte dermal nur noch von Zwerg- oder Orangeriebäumchen geliefert werden könne“, scheint aber zu meinen, daß dieß nur auf die Größe von Einfluß sey. Bei der Beschreibung und Abbildung


  1. Vgl. unter andern auch Schmidberger, Beiträge, H. III, S. 36, 84.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_294.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)