Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 295.jpg

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des Schneecalvills, Tafel LXXXI, Nr. 2, der Reinette von Windsor, Taf. LXXXVI, 3, erwähnt er ausdrücklich, daß solche nur nach Früchten aus der Obstorangerie gemacht sey. – So hat auch Mayer in der Pomona franconica seine Abbildungen meistens von Früchten entnommen, welche auf den im üppigsten Boden erwachsenen Spalierbäumen des Würzburger Hofgartens erzogen waren, obgleich er selbst Thl. III, S. 110 sagt: „daß die Früchte von niedrig gehaltenen, auf Paradies- oder Heckapfel gepfropften Stämmen, größere Früchte von einer mehr platten Form, schwächeren Farben, kürzeren Stielen gäben, die an Güte meist den Früchten am Hochstamm nachstehen.

Man fürchte nicht, daß durch vorstehende Bestimmung der Kreis der in unsere Betrachtung zu ziehenden Kernobstsorten zu sehr beschränkt werde. Was bei uns nicht auf Hochstamm oder freistehender Pyramide zur Vollkommenheit gelangt, ist auch bei uns der Verbreitung nicht werth, da wir so viele gute und edle Früchte haben, die dieser Forderung entsprechen.

5) Von den Früchten, welche ein Baum in erster und zweiter Tracht bringt, läßt sich in der Regel kein sicherer Schluß auf die constante Form (Normalform) der Früchte einer Sorte machen. Gewöhnlich zeigt sich erst in der dritten und den folgenden Trachten die Normalform. Ist auch die Abweichung der Früchte der ersten Trachten (namentlich bei den Aepfeln) von der nachherigen constanten Form nicht so bedeutend, als dieß öfters hinsichtlich des Fleisches und des Geschmackes der Fall ist, so läßt sich doch die Normalform einer Sorte nur nach mehrmaligem Tragen des Baums, also nur nach mehrjähriger Betrachtung bestimmen. Obschon diese Regel sehr bekannt ist,[1] so wird doch sehr häufig dagegen gefehlt, und es sind viele Beschreibungen und Abbildungen nach den ersten oder nur nach einzelnen Früchten gemacht worden. So sagt z. B. Diel H. XVIII, 193 vom haltbaren Schneeapfel: „Dieser Apfel hat viele Eigenschaften, die ihn berechtigen, in die Klasse der Rosenäpfel (statt in die der Plattäpfel) gesetzt zu werden, daß ich deßhalb neue Früchte erwarten will.“ Demungeachtet hat er ihn beschrieben und nachher nicht wieder erwähnt. Vgl. auch H. XXIII, 65, Dittrich III, 78. So ist Poiteau’s pomme finale nur nach zugesendeten Früchten beschrieben und abgebildet, und ebenso von Aehrenthal Erzherzogs Franz’s gerippte Butterbirn, Taf. 70, 1, nur nach einer einzelnen Frucht, sowie mehrere Beschreibungen in Metzger, Kernobstsorten des südlichen Deutschlands etc. Was soll man aber dazu sagen, wenn van Mons in den Annales générales des sciences physiques Tome V, S. 124, folgende verschiedene neue Birnsorten beschreibt und abbildet (welche großentheils auch in das teutsche Gartenmagazin aufgenommen worden sind); sehr naiv aber S. 352 hinzufügt: En général le fruit cherche encore sa forme et comme pour les autres poires nouvelles il ne la fixera probablement que dans quelques années. – Ebenso beschreibt Poiteau in den Annales de la société d’horticulture de Paris, Dec. 1834, S. 360, folg. 80 von


  1. Diel erwähnt derselben meines Wissens nirgends ausdrücklich, doch deutet er sie hier und da an, z. B. Heft V, 7, H. XXIII, 75, wo er sagt: „Selbst die Erstlinge der Bäume haben meist noch etwas Fremdartiges.“ Vgl. aber Oberdieck, Sortenbäume S. 46.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_295.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)