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hält letztere mit der Bergamotte von Souler’s verwandt. – Solche Vergleiche können nur verwirren, statt die Form zu veranschaulichen.

Da aber die Pflanzen und also auch ihre Früchte Kinder der Lokalumstände und in Allem von diesen abhängig sind[1], so muß ich nochmals hinzufügen, daß ich, wie bereits oben sub. 2 erwähnt, voraussetze:

daß die Normalform, sowie alle andern Eigenschaften einer Sorte, stets nach Früchten solcher Bäume bestimmt werde, welche in einem der Art und Sorte angemessenen Klima und Boden erwachsen sind. Der Baum muß auf einem seiner Natur angemessenen Standort und Boden stehen. Vgl. Schmidberger III, 170. Ich verstehe darunter, wie bereits erwähnt, im Allgemeinen das milde und dabei hinlänglich feuchte Klima Deutschlands, wie es in unseren Flußthälern vorkommt, und einen fruchtbaren, guten, lockern, nicht zu schweren, mäßig feuchten, ziemlich tiefen Lehmboden, für die feineren Sorten aber durchaus gebauten Gartenboden.

Das Kernobst verlangt durchaus ein zwar mildes, aber nicht zu warmes, mit hinlänglicher Feuchtigkeit der Atmosphäre versehenes Klima. In einem zu wenig sonnigen, nebligen Klima erreicht es seine Vollkommenheit nicht, noch weniger gedeiht es aber in einem zu warmen, trockenen Klima. In England erreichen die feinen Kernobstsorten auf Hochstamm selten ihre Vollkommenheit hinsichtlich des Geschmacks; in Italien und Griechenland sind wegen des veränderten Klima’s die alten dort bekannten Kernobstsorten großentheils verschwunden, theils haben sie sich sehr verschlechtert, was aber hauptsächlich auf Fleisch und Geschmack zu beziehen ist. Unsere Sorten gedeihen dort nicht. Vgl. Fraas Klima und Pflanzenwelt, S. 15 etc. – Sowie jede Pflanze zu ihrer Entwickelung einer gewissen Quantität Wärme und eines gewissen Feuchtigkeitsgrades innerhalb ihrer Vegetationszeit bedarf, so ist dieß auch bei den Kernobstsorten der Fall. Da aber bei der Verschiedenheit der Sorten auch die Vegetationszeit sehr verschieden ist, so sind auch die Vegetationsgrenzen des Kernobstes, die von den mittleren Temperaturverhältnissen in der Vegetationszeit bedingt, und von Localverhältnissen sehr abgeändert werden, sehr ausgedehnt und im Allgemeinen schwer zu bestimmen.

Auf ungeeigneten, zu trockenen oder zu nassen Boden verkümmert der Baum, die Früchte werden beulig, steinig, bekommen Risse, schwarze Flecke auf der Schale etc., alles genügende Andeutungen, daß die Frucht in einem ihr nicht zusagenden Klima und Boden erwachsen ist. Am wenigsten taugt dann die Sorte auf Quitte (vgl. Schmidberger I, 10), wie denn überhaupt hierbei sehr viel auf die Unterlage der Obstsorte, weniger auf die Obstsorte selbst ankommt (vgl. Härlin, Naturkunde der Obstbäume, S. 47). Dasselbe bewirken aber auch zu trockene oder zu nasse Jahre (Diel, XIX, 59.) –

Nachdem ich nun die verschiedenen Bedingungen aufgestellt habe, unter denen meiner Ansicht nach von der Form der Kernobstfrüchte überhaupt und von der Normalform jeder Sorte gesprochen werden kann, hoffe ich auch, daß sich vorurtheilsfreie Praktiker


  1. Neue Raçen, Formen, Abänderungen, Bastarde entstehen fortwährend durch Kultur und Klima, pflanzen sich zum Theil durch Samen fort und werden dann in unseren Pflanzenverzeichnissen als Species aufgenommen. Vgl. Perty a. a. O. II, S. 162. Schleiden a. a. O., S. 269.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_301.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)