Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 305.jpg

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mit hauptsächlicher Benützung der Form aufzustellen. Es wird nur darauf ankommen, ob es mir gelingen wird, dasselbe gehörig zu begründen, genau zu bestimmen, und naturgemäß auszuführen. Das Weitere über die Benutzung der Form bei dem System wird sich bei der Aufstellung desselben ergeben, nachdem ich vorher noch meine Ansichten über die übrigen Eigenschaften der Früchte dargelegt habe.




Beiträge zur pomologischen Systematik.

Zweierlei Systeme sind seit dem Beginn der wissenschaftlichen Pomologie bei der Zusammenstellung und Beschreibung der vorhandenen Obstsorten in Gebrauch, nämlich theils botanische, theils rein pomologische. Die Anhänger der botanischen Systeme betrachten die Frucht lediglich als Theil des Baumes, sowie das Ei als Produkt irgend eines Vogels, und beschreiben deßhalb in ihren Pomologieen nicht allein die Früchte, sondern auch die Bäume, auf denen diese wachsen. Jedes andere Verfahren erscheint ihnen oberflächlich, unwissenschaftlich. Die rein pomologischen Systeme hingegen sehen die Frucht als etwas Selbstständiges an und beschränken sich deßhalb auf eine genaue und sorgfältige Beschreibung lediglich der Früchte, gerade so, wie man eine für sich bestehende Beschreibung der verschiedenen Vogeleier geben könnte. Wer hat nun Recht? Jeder wohl auf seinem Standpunkte. Doch dürfte den rein pomologischen Systemen schwerlich der Vorzug der größern Einfachheit und Brauchbarkeit für die Nichtpomologen abzusprechen seyn. Ein Obstfreund hat einige neue, wohlschmeckende Pflaumen erbaut oder geschenkt erhalten, und möchte nun auch gern den richtigen Namen für diese wissen und sucht zu diesem Behuf aus seinen Büchern die einzige Pomologie, die er besitzt, herbei. Es ist: Dittrich’s systematisches Handbuch der Obstkunde und zwar Band II. Er schlägt rasch auf und legt seine 6 oder 10 Früchte neben sich. Da findet er: Erste Classe: Pflaumen mit glatten Sommertrieben und darunter 57 verschiedene Pflaumen aller Farben und Gestalten beschrieben. Dann folgt: Zweite Classe: Pflaumen mit wollichten oder feinhaarigen Sommertrieben, mit abermals 50 verschiedenen Sorten darunter. Seinen Früchten vermag er nicht anzusehen, wie die Sommertriebe des Baumes beschaffen seyn mögen, der sie trug. Es bleibt ihm nichts übrig, als sein Buch zuzuschlagen und sich über seinen Eifer und seine vergebliche Hoffnung zu ärgern. Gesetzt aber auch, er hätte mehr Ausdauer und ginge hinaus, einige Sommertriebe zu holen. Soll er diese für glatt oder für wollicht und feinhaarig ansehen? Der untere Theil ist offenbar glatt, aber der obere hat einen wollichten Ueberzug. Was entscheidet nun? Dittrich verlangt wenigstens auf 2/3 der Länge der Sommerlatte eine glatte Schale, wenn diese als glatt gelten soll. Sind diese aber alle gleich und bleiben sie auch bis zur Fruchtreife alle gleich? Ich fürchte, unser pomologischer Dilettant wird trotz aller Beharrlichkeit doch das Buch schließen und dabei noch gerade so klug seyn, als vorher. Nun ist es zwar allerdings auch die Frage, ob ihn eine rein pomologische Zusammenstellung von Stufe zu Stufe richtig vorwärts geführt haben würde. Das aber ist sicher: so schnell würde sie ihn nicht verlassen und zurückgescheucht haben. Darum alle Hochachtung vor der Botanik; nur bleibe sie in

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_305.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)