Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 313.jpg

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eigentlichen Prüfungsarbeiten und die Zusammenstellung der wissenschaftlichen Ergebnisse nach Art der Nordamerikaner sogleich unter einzelne Commissionen anwesender Sachkundiger vertheilen, so dürften doch auch diese Versammlungen und Ausstellungen zur Auflösung der noch immer wachsenden Namensverwirrung in der Pomologie keineswegs hinreichen, ja selbst nicht einmal die erste entscheidende Stimme besitzen. Wohl aber mag ihnen die Verbreitung und Anerkennung der gewonnenen Resultate als ihre Hauptaufgabe vorbehalten bleiben. Gewonnen aber müssen die wissenschaftlichen Resultate durch anerkannte und bewährte Sachkundige werden. Den Weg dazu denke ich mir so: Unsere anerkannten Pomologen, wie v. Flotow, Liegel, Lucas und Oberdieck, kommen unter einander überein, sich gegenseitig mehrere Jahre nach einander Normalfrüchte ihrer verschiedenen Obstsorten, sobald diese reif werden, unter den von ihnen gebrauchten Namen zur Prüfung zu übersenden und schreiben jeder die dabei gewonnenen Resultate sofort sorgfältig nieder, um sie nach Vollendung der ganzen Prüfung gegenseitig auszutauschen. Je allseitiger und öffentlicher dieses geschieht, und je ausführlicher namentlich auch die Pomologenversammlungen von den nach und nach gewonnenen Ergebnissen und von den noch streitigen Punkten in Kenntniß gesetzt werden, desto besser. Denn auch bei ihnen wird es nicht an Kräften und gutem Willen fehlen, das gemeinsame Werk zu unterstützen, wie denn überhaupt ein derartiger Früchteaustausch gar nicht häufig und allseitig genug vorgenommen werden kann. Es wird daher auch den, die Revision unserer Pomologie in die Hand nehmenden Pomologen, zumal wenn sie an verschiedenen Orten Deutschlands wohnen, nicht schwer werden, die ihnen etwa noch fehlenden verbreitungswürdigen Obstsorten zur Ansicht und Prüfung zu erhalten. Was aber nicht verbreitungswürdig ist, braucht auch nicht beschrieben zu werden. Denn auch hier ist Maß und Ziel zu halten, so sehr sich auch ein gewisser pomologischer Absolutismus gegen eine solch’ weise Beschränkung sträuben mag.

Wenn wir so unter der Leitung zuverlässiger und anerkannter Führer vorwärts schreiten, so dürften schon einige Jahre hinreichen, um über die Identität oder Verschiedenheit der allermeisten verschieden oder gleich benannten Obstsorten in’s Reine zu kommen und so die praktische Grundlage für eine Pomologie zu gewinnen, wie sie ohne solchen Früchteaustausch durch keine lediglich aus Büchern gemachte Zusammenstellung und durch keine, wenn auch noch so große Ausstellung zu Stande gebracht werden kann. Denn unsere Pomologie bedarf, nachdem Diel’s, Liegel’s und Anderer Beschreibungen genugsam abgeschrieben und umgearbeitet worden sind, jetzt nicht mehr neuer Compilationen oder neuer systematischer Anordnungen, sondern kurzer, kritischer, auf eigener Anschauung und Prüfung beruhender Originalschilderungen.




Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_313.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)