Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 333.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ein, weil diese leicht ausbrechen und die Etiquetten sodann abfallen; ich bohre dagegen 1″ vom oberen Ende des Nummerholzes herab ein Loch, und befestige den Draht durch mehrfaches Umdrehen so, daß er nicht durch die Vorderseite des Nummerholzes, sondern an der Seite so gehalten wird, daß das Nummerholz sich nicht mehr losmachen kann. Dabei legt sich dann das Nummerholz in horizontaler Lage am Aste, daß es leicht gelesen werden kann. Den Draht überstreiche ich, behufs längerer Haltbarkeit, nicht mit Oelfarbe, sondern lösche ihn, rothglühend gemacht, in Leinöl ab. Da sich die Poren des Eisens durch Wärme erweitern, so ziehen sie von dem Oele an, und beim Erkalten, resp. Zusammenziehen, wird wieder so viel davon ausgestoßen, daß sich eine Lage Oel um den Draht bildet, welche, getrocknet, denselben lange Zeit vor Verrosten bewahrt; ich warne aber davor, den Draht bis zum Weißglühen zu erhitzen, weil er dann spröde und brüchig wird, während er, nur rothglühend gemacht, eine zähere Textur annimmt, dauerhafter wird und sich leichter fest anziehen läßt. Man verwende ja auf die Befestigung des Drahtes an dem Aste alle Sorgfalt, denn nichts ist ärgerlicher, als wenn die Etiquetten, weil sie nicht gehörig befestigt waren, abfallen, oder verloren gehen. Man wird freilich nicht jeden Unfall verhüten können, doch kann man auch hier durch die Vorsicht Schaden und Verdruß zuvor kommen, wenn man an jedem Hauptaste eine General-Etiquette anbringt, welche die aufgepfropften Sorten genau in der Reihenfolge aufzählt, wie solche auf einander am Aste folgen. Ich bediene mich zu diesem Zwecke solcher Etiquetten, welche 1′ lang, 2½″ breit sind, worauf 60 Nummern und Namen Raum finden, eine Zahl, welche an Einem Aste wohl selten überschritten werden kann. Fällt dann auch eine Etiquette einmal ab, so kann ihre Stelle in der General-Etiquette leicht nachgesucht und wieder ergänzt werden. Andere begnügen sich mit einer Aufzeichnung in einem Buche oder Gartenplane, welches freilich der Ordnung halber auch nöthig ist; Collectir-Etiquetten sind aber für den augenblicklichen Gebrauch passender, und für den Fall, daß das Buch verloren geht oder gestohlen wird, ersparen sie viele Mühe, und wenn das Gut in fremde Hände übergeht, sind sie dann dem neuen Käufer eine willkommene Beigabe.

Man hat in neuerer Zeit das Befestigen der Etiquetten mittelst Nägeln empfohlen, und ich habe auch solche vernagelte Probebäume in einer Pflanzung gesehen, aber mich nicht daran erbaut; abgesehen davon, daß einem Baum 100 und mehr Nägel einzuschlagen ein Verfahren ist, das dem Baume nicht zuträglich seyn kann; so gewähren Nägel keine Sicherheit, da sie in lebendem Holze keinen guten Halt finden und bei dünnen Aesten gar nicht gebraucht werden können, und haben noch die Unbequemlichkeit, daß bei Wachsen des Holzes die Nägel wieder herausgezogen werden müssen. Auch den von Hünel in Magdeburg erfundenen, auf galvanoplastischem Wege angefertigten kupfernen Etiquetten kann ich ebenso wenig das Wort reden, als den aus Zinkblech gemachten und mit chemischer Tinte beschriebenen, denn 1) hat man über ihre Dauerhaftigkeit noch keine Erfahrungen und sind wenigstens die letztern der Oxydation unterworfen; 2) sind sie weit theurer, als die aus gutem Tannenholz gefertigten und 3) habe ich nicht gefunden, daß die Schrift jener deutlicher in die Augen falle, als bei den

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_333.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)