Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 337.jpg

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ein paar Jahren sich erholt haben wird, aber gewiß hätte ich besser gethan, dem Baum erst aufzuhelfen und dann die Veredlung mit ihm vorzunehmen, und weil er zu den schwachtreibenden Sorten mit dünnem festen Holze von Natur gehört, ihm auch nur homogene Edelzweige aufzupfropfen. Ist aber ein Baum auch noch kränklich, krebsig, halbfaul, zeigen Steinobstbäume den Harzfluß, dann gebe man sich nur keine Mühe, daraus Probebäume herzustellen, alle Opfer an Zeit, Geld und Arbeit (und sie sind nicht klein) sind hinausgeworfen. Je lebenskräftiger ein Obstbaum ist, um so besser wird er zur Anfertigung eines Probebaums taugen. In größeren Obstplantagen findet man in der Regel mehrere Individuen, welche einen so frechen Wuchs zeigen, daß derselbe kaum zu zügeln ist, daher man bei solchen Exemplaren auch wenig Früchte zu erndten hat. Nach dem Gesetze: daß die Natur auf Kosten des Individuums die Art zu retten sucht, werden solche Bäume bei den gewaltsamen Operationen, die sie durch gänzliche Umpfropfung erleiden müssen, zur Fruchtbarkeit gleichsam gezwungen, und wenn nun die Auswahl auf solche Individuen fällt, so hat man den doppelten Gewinn, 1) einen unfruchtbaren Baum weniger pflegen zu müssen, und 2) sich einen nachhaltig fruchtbaren Probe- oder Sortenbaum geschaffen zu haben.

(Schluß folgt.)




Ueber Obstwerth und Obstverwendung.
Vom Herrn Christ. Krauß, Bleiche-Inhaber in Heilbronn.

Man glaubt allgemein, der Markt, der Absatz bedinge den Werth einer Sache; mag das für Vieles gelten, für das Obst ist es ein trügerischer Schluß; der Werth des Obstes hängt vielmehr von dessen ökonomischer Verwendung ab; da, wo diese nur in geringer Ausdehnung stattfindet und vielleicht nur auf das Dörren beschränkt ist, ist dessen Werth relativ. Den besten Beweis gibt wohl meine Heimath, die Umgebung Heilbronns.

Die alten Bäume an Straßen, auf Wiesen, in Gärten – auf Aeckern haben wir nur selten Bäume, da man glaubt, daß der Pflug, wo er gute Lage und Boden findet, mehr einbringt als der Obsthaken, welcher Behauptung auch ich mich ganz anschließe, überzeugt, daß die Zeit gar nicht ferne, wo Die, so alle Güter mit Obst bepflanzt sehen möchten, denen gleichen werden, die jede nach Süden geneigte Lage mit Wein bepflanzten, – doch zu meinen Alten, die zeigen, daß Pomona’s Altar bei uns kein neuerbauter ist, und die selbst heute noch die Repräsentanten der dominirenden Sorten sind, als Rother und Weißer Stettiner (Bietigheimer) Most- und Weinapfel, Weißer und Brauner Matapfel, Engelsberger (nicht Engelberger), Gravensteiner (Grafenapfel), Goldzeugapfel (Berlinger), Grauer Kurzstiel und Graue franz. Reinette (vulgo Reinetten), Edler Winter Borsdorfer; von Birnen die ehrwürdige Mönchsbirn (Sommerkönigin), der eichenartige Baum der Wasserbirn (eine Pomeranzenbirn), die Langstielerbirn (wahrscheinlich Duhamel’s Rosenbirn), Sommerfrankfurter oder Sparbirn, Römische Schmalzbirn (hier Weiße Madame), und von Mostbirnen die Welsche Bratbirn, hier die Cyderbirn genannt.

Es sind zwar auch die edleren, älteren und neueren Tafelsorten, von Aepfeln mehr als Herbst- und Winterbirnen – und das

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_337.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)