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Der Belg. hortic. erinnert an einen sehr guten Tafelapfel, welcher aus den Sammlungen fast verschwunden sey, den Court-pendu blanc (Synon. L’admirable de Loisel). Er ist wenig verschieden von dem Rothen königlichen Kurzstiel.

3. Mittel zur Hebung des Obstbaues.

a) Veredlung.

Bei Versendungen der Edeleiser von Pfirschen (?) Kirschen und Apricosen soll man die Vorsicht anwenden: solche anstatt in nasses Moos in eine Kartoffel oder Apfel stecken, und die mit feuchtem Moos umgebene Zweige sollen mit einem Wachstuche noch weiter geschützt werden. Wenn man den unteren Anschnitt in nasses Moos bringe, so schwellen die Zweige bei warmer und fruchtbarer Witterung an, wodurch das Anwachsen des Edelreises verhindert werde, indem dasselbe sich den Saft in der Unterlage nicht assimiliren könne. Die Aufbewahrung der Pfropfreiser an einem kühlen Orte in Sand, eher trocken als feucht, sey am zweckmäßigsten.

Pfarrer Frankowsky in Czernowogrod schützt die Augen der Pfirschen- und Apricosen-Oculanten gegen strenge Kälte durch Papierstreifen mit Baumsalbe bestrichen, womit er die Augen umwickelt, nachdem zuvor an der Stelle, wo das Auge sitzt, eine kleine Oeffnung in das Papier eingeschnitten worden ist.

Aus Amerika werden Erfahrungen über das Veredeln auf Quittenunterlagen mitgetheilt. Wo scharfer, kiesiger Untergrund ist, gedeihen die Birnwildlinge nicht, aber die Quitte, welche ihre Wurzeln nahe an der Oberfläche ausbreitet, ist hier am Orte; dagegen trugen die Quittenunterlagen nicht in sehr leichten und trockenen Boden. (Aber auch Birnwildlinge nicht.) In Frankreich und Amerika, sagt der Verfasser, erzieht man sehr schöne Birnhochstämme auf Quittenunterlagen dadurch, daß man die so nahe als möglich an der Erde veredelten Stämme, im zweiten Jahre nach der Veredlung so tief einsetzt, daß die Veredlungsstelle unter die Erde zu stehen kommt, wo sich sodann an der Veredlungsstelle selbstständige Wurzeln bilden. Bäume auf diese Weise erzogen, sollen starke Triebe machen, und einen sehr schönen Saft mit glatter Rinde bilden.

Gänzlich (?) vertrocknete Edelreiser sollen wieder zum Leben gebracht werden, wenn man sie in eine Auflösung von Alkohol und Kampfer legt. Man nimmt so viel Kampfer als sich im Spiritus auslöst; auf 2 Loth Wasser nimmt man sodann 4 Tropfen der Essenz und mischt beides gut, worauf man die Pfropfreiser so hineinlegt, daß sie gänzlich bedeckt werden. Man läßt sie in diesem Zustande 1–3 Stunden liegen.

b) Saaten.

Zur Aussaat von Apfel- und Birnenkernen wird folgende Methode empfohlen. Kurz vor dem Winter bringe man die Saatbeete in Bereitschaft und ziehe Rinnen, um die Kerne einzulegen. Im December wird gesät, und wenn Schnee vorhanden ist, dieser aus den Rinnen weggeschafft; die Samen werden dann mit schon früher bereit gehaltener trockener Erde bedeckt, und der Schnee dann wieder darauf gebracht. Der Same soll, auf diese Weise behandelt, sehr reichlich aufgehen und schöne Stämmchen bilden.

Prunus Mahaleb soll als Unterlage für Kirschen, am besten auf’s schlafende Auge oculirt werden, unmittelbar über der Erde. Selbst achtjährige Stämme sollen bei dieser Operation noch tauglich seyn. (?)

Ein a–n empfiehlt das Winterpfropfen mit Beibehaltung der Endspitzen an den Edelreisern, welche 5–6″ lang aufgesetzt, später sehr kräftig treiben sollen.

Gelegenheitlich einer Warnung, keine Wildlinge zu Unterlagen bei edlem Obste zu verwenden, wird die Behauptung aufgestellt, daß die Unterlage auf Schmackhaftigkeit des Obstes einen Einfluß ausübe; man habe z. B. die Beobachtung gemacht, daß Pflaumen auf Kreuzdorn (Rhamnus catharticus) gepfropft, entschieden die purgirende Wirkung desselben annahmen. Es wäre interessant, zu erfahren, ob diese Bemerkung auch anderwärts gemacht wurde, da bekanntlich die Pflanzenphysiologie einen solchen Einfluß in Abrede zieht.[1]

c) Recepte zu Baumwachs und Baumkitten etc.

1. 5 Loth gelbes Wachs, 5 Loth Harz, 5 Loth Talg, 5 Loth Thonerde, 2 Loth Kuhfladen und 2 Loth Holzasche, tüchtig durcheinander gemengt. Zu umständlich und kostspielig!

2. Gegen Schnittwunden mische man unter den Theer gelbes Wachs und Leinöl.

3. 3 Theile frisch gelöschter Kalk, 1 Theil

feingepulverte Kohle unter einander gemengt


  1. Daß diese Erfahrung bei genauer Beachtung der einwirkenden Umstände irgendwo wirklich gemacht wurde, glaube ich ebenso sicher verneinen zu können, als daß Pflaumen auf Rhamnus Catharticus überhaupt fortkommen.
    Luc.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_346.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)