Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 348.jpg

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Luft gänzlich verhindert, die normale Ausdehnung der Rinde unmöglich macht und dadurch Krankheiten des Baumes herbeiführt.

Herr Müller in Straßburg stellt für das Pflanzen der Bäume folgende Regeln auf:

1. Für Kernobstsorten muß die vegetabilische Erdschichte wenigstens 3′ tief, für Spaliere auf Johannisstamm und Quittenunterlage weniger tief; für Steinobst 1½′ tief seyn. – Der beste Untergrund ist sandige, kieselhaltige Erde; der schlechteste Torf, Thon und Lehm. (Ein fruchtbarer durchlassender Lehmboden ist ganz geeignet). In solcher Erde darf man die Bäume weniger tief setzen, die untere Erde bringe man nach oben, die obere nach unten. – Die Löcher sollen 4′ breit, 3′ tief seyn. Wenn die vegetabilische Erde weniger als 3′ tief liegt, mache man die Löcher um so breiter. Man beschneide die Pfahlwurzel um 1/32/3 und bringe ein tannenes Brettstückchen beim Setzen darunter; die Wurzel wird nun aufwärts gebogen, wodurch bewirkt wird, daß sich die Wurzeln horizontaler legen. – Schlechte Erde ersetze man durch Rasenerde, Teichschlamm, Straßenkoth etc., welche Materialien vorher ein Jahr auf Haufen gelegen haben. – Dünger bringe man nicht in directe Verbindung mit den Wurzeln; in trockenem, leichtem Boden taugt der Kühedünger, in feuchtem und kühlem Boden der Pferdedünger. – Bei Apfel, Birnen und Kirschen auf Wildlingen veredelt, wird als die beste Entfernung 30–36′ angenommen, auf geringem Boden 24′ (ist zu wenig); für Pflaumen und Apricosen als Hochstämme 18–24′; Birnpyramiden auf Wildlingen setze man 12′; auf Quitten in 9′ Entfernung; Pyramiden auf Johannistamm 9′; Paradiesstamm 6′. Pfirsiche- und Apricosen-Spaliere fordern eine Entfernung von 18–24′. Die Wurzeln werden so beschnitten, daß die Fläche nach unten kommt; dieselben werden vor dem Versetzen in eine Auflösung von Kühdünger und Wasser (Asche) gebracht; was besonders dann nöthig ist, wenn man spät oder bei trockenem Wetter setzt. – Man setze die Bäume ja nicht zu tief; die Veredlungsstelle muß nun 3–5″ über der Erde zu stehen kommen. – Eine Lage von Kühdünger, Moos, Streu etc. so weit um den Stamm herum, als die Wurzeln reichen, ist sehr dienlich, erhält die Erde locker und feucht. Der Stamm selbst werde mit einer Mischung von Kuhexcrementen und Lehm bestrichen, was vor Austrocknen sichert. In schweren und feuchten Boden pflanze man im Frühjahr; in trockenen und leichten im Herbst; Pfirsiche nie vor dem November. Vor zu viel und zu wenig Ausputzen wird gewarnt; die Baumrinde rein gehalten, alles Verdorrte weggenommen, alle Wunden gut verstrichen etc.

Lauter bekannte Dinge, aber so wichtig, daß man sie Anfängern im Obstbau nicht oft genug empfehlen kann.

Wir lassen diesem Auszuge einen andern, den Verhandlungen des Meininger Gartenbauvereins entnommenen, folgen, der die Cultur der Kirschen in sehr eingehender Weise bespricht; er soll uns die Erfahrungen und Rathschläge des bekannten Hrn. Haushof- und Kirschenmeisters Remde in Meiningen vorführen.

1. Der beste Boden für Kirschen sey ein fetter Sandboden, selbst Gerölle; kaltes schweres Erdreich liebt er nicht.

2. Lage; südöstliche, hoch; in Niederungen gedeiht nur die Sauerkirsche.

3. Dünger; mäßig; soll nicht scharf seyn.

4. Veredlungsunterlagen; für Süßkirschen wieder Süßkirschen und diese auch für folgende Süßweichseln, Glaskirschen etc. Herzogsk., Rothe Maikirsche, Wahre englische Weichsel, Schwarze spanische Frühweichsel, Frühe von der Natte aus Samen, Folgerkirsche, Königliche Süßweichsel, Rothe Oranienk., Ostheimer Weichsel, K. von der Natte, Neue englische Weichsel, Henneberger Grafenk., Wohltragende Holländische Kirsche.

Auf Sauerkirschenunterlagen gedeihen folgende Sorten am besten: Prager Muskateller, Quindoux de Provence, Alte Königskirsche.

5. Zu Zwergbäumen rathet Remde als Unterlagen nur Weichseln zu nehmen; die beste Form seyen Halbhochstämme; die besten Sorten zu diesem Zwecke: Spanische Frühweichsel, Bettenburger W., die Brüsseler Braune, Doppelte Natte, Neue engl. Weichsel, Henneberger Grafenk., Wohltragende Holländische Weichsel, Königl. Amarelle.

6. Zu Halbhochstämmen von Süßweichseln: Herzogskirsche, Rothe Maikirsche, Schwarze spanische Süßweichsel, Königl. Süßweichsel.

7. Beste Veredlungsmethode, die Copulation; bei stärkeren Stämmen Anplatten; im März vor dem Safttrieb; auch oculiren auf’s schlafende Auge; oculiren in 2jähriges Holz; man oculire mit Holz.

8. Wildlinge zum Veredeln aus Waldschlägen sind gut, man nehme sie aber nicht stärker als fingersdick.

Bemerkung des Referenten: Ich habe schon zahlreiche Kirschenwildlinge im März von der Stärke eines Stuhlfußes graben lassen, sogleich durch Anplatten veredelt und gepflanzt, welche schön gediehen sind.

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_348.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)