Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 406.jpg

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auch nach diesen Urtheilen die meisten Stimmen erhielten. Eine große Schwierigkeit bleibt es immer, den Werth der einzelnen Auswahllisten gehörig zu erkennen und zu würdigen. Eigentlich sollte jeder Pomolog alle die Sorten, die er kultivirt und genau erforscht hat, verzeichnen und aus diesen die für seine Verhältnisse und nach seinen Erfahrungen allerbesten, sehr guten, guten, mittelmäßigen und geringen bezeichnen. Es kann eine Sorte, die nur eine Stimme erhält, da sie nur Einer der Stimmgeber genau kennt, so hohen Werth haben, als eine, auf die zehnmal so viel Stimmen fallen, da sie mehr bekannt ist. Der Edle Winterborsdorfer und der Rothe Stettiner werden trotz ihren zahlreichen Stimmen allmählig immer mehr verschwinden (vergl. Schmidberger, Liegel u. A.), während sich bald und reich tragende und ebenso nutzbare Sorten immer mehr verbreiten, auch wenn sie, wie z. B. Langtons Sondersgleichen, Downtons Pepping u. a., nur wenige Stimmen zählen. Jedermann fragt jetzt nur nach bald- und reichtragenden Sorten; die ungeheure Verbreitung, die die Englische Wintergoldparmäne im Norden und Süden gefunden, verdankt sie, nebst ihrer Schönheit und Güte, vorzüglich ihrer baldigen und reichen Tragbarkeit, denn an Güte und Schönheit wird sie von vielen Sorten erreicht, an Güte auch übertroffen, an baldiger und reicher Tragbarkeit steht sie unübertroffen da.

Ich kann diese Zeilen nicht schließen, ohne dem hochverehrlichen Verein zur Beförderung des Gartenbaus in den K. Preußischen Staaten für seine eifrigen und überaus zweckmäßigen Bestrebungen zur Förderung des Obstbaus in ganz Deutschland, und zwar gewiß im Sinn aller deutschen Pomologen, den wärmsten Dank hier öffentlich auszusprechen und besonders unsern hochverehrten Herren Mitarbeitern, Hrn. General von Pochhammer und Hrn. Professor Koch zu bitten, auf dem betretenen Wege, der sicher zu großen Resultaten führt, mit derselben Thatkraft wie seither, fortzufahren.

Hohenheim, im August 1855.

Ed. Lucas.



Ueber die Gewinnung edler Birnsorten aus Samen.

Man wird noch manche Seite schreiben über die verschiedenen Birnsorten, die man seit einem Jahrhundert und bis auf unsere Tage durch Samenschulen bei uns erhält. Man fragt sich natürlich: wie kommt es, daß ein in so enge Grenzen eingeschlossenes Land wie Belgien für sich allein eine größere Zahl geachteter und werthvoller Varietäten in unserem Klima hervorgebracht hat, als alle andern Gegenden des Nordens und Westens von Europa zusammengenommen? Dieses Ergebniß hat verschiedene Ursachen, von denen wir hier einige angeben wollen. Man weiß allgemein, daß die verschiedenen Typen des Birnbaumes, die man noch heute in Pflanzschulen antrifft, vor Zeiten aus südlichen Ländern bei uns eingeführt worden sind und daß sie dorthin auf gleiche Weise eingebracht und durch Gewöhnung an den Boden gefesselt worden waren. Es ist

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 406. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_406.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)