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Stämme in vorigem Jahre. Der Stamm wurde mit mehreren großen Pyramiden, die alle gleich ihm mit möglichst großer Wurzel herausgenommen waren, gleich im Herbste 1853, nachdem die Bäume hier angekommen waren, sehr sorgfältig, in gut zubereitetem Erdreich nahe beim Hause gepflanzt, von mir selbst an Wurzeln und Zweigen beschnitten und stark eingeschlämmt. Er trieb dennoch im Frühlinge 1854 nur sehr spärlich aus und stand den Sommer über nur mit einigen immer wie welk aussehenden Blättern da. In diesem Frühling schien er Anfangs kommen zu wollen, machte jedoch nur 2–3 kleine, 1–2 Zoll lange, wie welkend aussehende Triebe und übrigens nur wieder eine geringe Anzahl kleiner, bald wieder wie welkend aussehende Blätter. Auch zweimaliges, ziemlich starkes Düngen mit Jauche, sowohl im Mai, als 14 Tage vor Johannis, wobei die Erde neun Zoll hoch um den Stamm weggenommen, und der Jauche viel Wasser nachgegossen wurde, um sie zu den Wurzeln zu führen, brachte ihn nicht in besseren Trieb, ja vor 10 Tagen bemerkte ich, daß seine etwas größer (wegen großer Wurzel) gelassenen Kronenzweige, anfingen herabzusterben und die Rinde am Stamme zwei größere todte, vertrocknete Stellen hatte, deren Ausschneiden bis auf’s lebende Holz zwei große Wunden herbeiführte. Er wurde daher wieder herausgenommen, wobei die Wurzel sich ganz unverdorben und beim Abschnitt von guter Farbe zeigte, aber auch nicht die allergeringste Faserwurzel gemacht hatte. Wurzel und Krone wurden neu beschnitten, alle sich findenden kleinen Blätter abgeschnitten, alle Wunden an Stamm und Zweigen mit Baumwachs bestrichen und der Stamm nun wieder eingesetzt und gut eingeschlemmt, wobei dem Wasser eine mäßige Portion Jauche zugesetzt wurde. Schon nach fünf Tagen zeigte sich nicht bloß an den Zweigen, sondern in der ganzen Länge des Stammes häufige Knospenbildung und steht er nach vierzehn Tagen jetzt schon mit langen, starken, bereits in Blättern ausbrechenden Knospentrieben so weit treibend da, daß ich gar nicht zweifeln kann, er werde in diesem Sommer noch gute, reif werdende Triebe machen. – Hätte ich dieselbe Operation mit diesem Stamme, sowie mit einer herrlichen Pyramide der Salis und mit zwei schönen Hochstämmen der Winter-Nelis und Hoyerswerder, die auch schon im Herbste 1853 gepflanzt waren und im Frühlinge 1854 nur schwach trieben, gleich im Frühlinge 1854 vorgenommen, so würden ohne Zweifel alle jetzt freudig grünen, während die letztgedachten Stämme durch den Frost an der Rinde des Stammes so beschädigt sind, daß sie in diesem Frühlinge bald eingingen. Auch mit Pfropfreisern von Pflaumen, die grün geblieben waren, ohne austreiben zu wollen, habe ich gegen Johannis einen analogen Versuch, wenn auch nur im Kleinen gemacht, ob sie kommen würden, wenn sie nochmal ausgesetzt würden und Reis und Stamm frischen Anschnitt erhielten. Von sechs nochmals aufgesetzten Reisern kamen vier bald nachher in Trieb, und scheint mir dieß immerhin die Vermuthung hinlänglich zu bestätigen, daß auch Pfropfreiser nur darum oft nicht ausschlagen wollen, weil der Schnitt am Reise bei Ungeschicklichkeit des Arbeiters zu lange der ausdörrenden Luft exponirt blieb.

Eine Folgerung, die aus dem Erfolge meiner Versuche sich hinreichend ergeben dürfte, ist die, daß wenn umgepflanzte, junge Bäume gut ausschlagen sollen, es nöthig ist, sie nicht lange an der Luft liegen zu lassen, nachdem die Wurzeln beschnitten sind, sondern

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_422.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)