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Was ist nun richtig? Zu welcher Anschauung zwingt das überlieferte Material?

Für die Erörterung dieser Frage sind manche Ausschaltungen oder wenigstens Einschränkungen zu machen.

Zunächst kommen die aus kambrischen Meeresablagerungen bekannten Limulava Walcotts nicht in Betracht. Die nur 5 Paare von Anhängen an dem merkwürdig kurzen Cephalothorax von Sidneyia, deren vorderstes lange, geißelförmige Antennen darstellt, der absonderliche Bau des dritten Fußpaares, das Fehlen von Metastoma und Operculum, der breite Schwanzfächer von einer an schizopode und dekapode Krebse gemahnenden Form, alle diese Umstände schließen unmittelbare Beziehungen zu den Gigantostraken aus; das gleiche dürfte von den fransenförmigen Kiemen an den Blattfüßen gelten. (Von Amiella Walc. ist zu wenig bekannt, um sie beurteilen zu können. Das Fragment von Am. prisca Mansuy (12) aus dem Unter-Kambrium von Yünnan läßt wohl auf Gigantostrakenform schließen, aber die Abdominalsegmente sollen dorsal median gekielt sein; das fällt ganz aus dem Rahmen des Bekannten.)

Allzuwenig weiß man von der algonkischen Beltina, die Walcott als echten Gigantostraken bezeichnet. Ihre systematische Stellung ist vorläufig ganz unsicher. Beachtenswert ist eins: Walcott hält zwar ihre marine Herkunft für möglich, die Ablagerungen aber, in denen ihre Reste gefunden wurden, erklärt er für kontinentale (13).

Unsicher ist auch die systematische Stellung der oberkambrischen Strabops. Von ihren Extremitäten sind nur kümmerliche, für die Beurteilung ganz ungenügende Reste bekannt; die lateralen Augen fallen durch ihre kuglige Form aus dem Rahmen des bei Gigantostraken Üblichen heraus, mediane Augen fehlen nach Clarke u. Ruedemann: Abdomen und Postabdomen sind nicht wie sonst voneinander deutlich geschieden. Das einzige Exemplar wurde in einem marinen Dolomit des Potosikalkes in Missouri gefunden.

Erst in sehr großer zeitlicher Entfernung von Strabops erscheint ganz unvermittelt in marinen, schiefrigen Ablagerungen des Normannskill, in der oberen Chazy-Stufe Nordamerikas (Cattskill, New-York) die älteste zweifellose Gigantostrakenfauna. Wie es die beigefügte Tabelle ausdrückt, folgen dann im Unter- und Ober-Silur Nordamerikas die Gigantostraken insgesamt in sehr stattlicher Anzahl, aber immer und überall mit großen oder kleineren zeitlichen Unterbrechungen. Alle sind in marinen Ablagerungen gefunden.

Scharf ist vor allem zu betonen das zeitlich zusammenhanglose, vielfach unterbrochene, sporadische Auftreten der Gigantostraken

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Josef Felix Pompeckj: Gigantostraca und Scorpionida. Gebrüder Borntraeger, Berlin 1923, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pompeckj_Gigantostraca_und_Scorpionida.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)