Seite:Posse Band 5 0105.jpg

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Frommen (I, Taf. 1, 6), von der Umschrift ist kein Buchstabe ausgedrückt, auf der Rückseite eine unförmlich große Wachsmasse (vgl. Sickel U L 345 No. 9), der Siegelwulst 8 mm hoch. Wie es scheint, wurde ein Siegel Ludwigs des Frommen mit einer Wachsschicht überzogen (II, Taf. 30, 1. 2).


10. Or. Bischöfl. Archiv Osnabrück.     804 Dez. 19.     MR 408 (401). Mon. Germ. DD S. 403, No. 273.

Fälschung aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts mit Benutzung der anderen Fälschung auf den Namen Karls des Großen, 803 Dez. 19 (MR 406 (398). Mon. Germ. DD. S. 399 No. 271). Das Siegel ist echt (I, Taf. 1, 4), ist aber auf der Rückseite mit anderem, lichterem und mehr blätterigem Wachs befestigt (II, Taf. 52, 6).


11. Or. Nationalbibliothek Paris.     808 Aug.     MR 438 (430).     Mon. Germ. DD S. 410, No. 276.

Von derselben Hand im 11. Jahrhundert geschrieben, die auch die Fälschung auf den Namen Pippins (MR 100 (98) vgl. S. 99) und andere Fälschungen (MR 754, (729) 1318 (1283)) anfertigte. Das nur bruchstückweise erhaltene Siegel (eine männliche Büste) vor dem Rekognitionszeichen, einem wirren Geschnörkel, befestigt (II, Taf. 30, 3).


12. Or. Stadiarchiv Schlettstadt.     810 Aug. 12.     MR 450 (440). Mon. Germ. DD S. 280, No. 210.

Der ganze Kontext mit Signumzeile vollständig ausradiert, mit Karls Königssiegel. Darauf der gefälschte Text von einer die alte Schrift stümperhaft nachahmenden Hand im 12. Jahrhundert geschrieben. (II, Taf. 52, 7).


13. Or. Geh. Haus- und Staatsarchiv Stuttgart.     813.     MR 478 (465). Mon. Germ. DD S. 426, No. 285.

Fälschung aus der Mitte des 12. Jahrhunderts von der Hand des reichenauer Kustos Odalrich, reskribiert auf ein radiertes Original Ludwigs des Deutschen, von dem nur das Rekognitionszeichen Hadeberts (als Rekognoszent nachweisbar 854–859), das mit lichterer Tinte überfahren und durch horizontale Innenstriche verunstaltet wurde, und das Siegel, das erste Porträtsiegel Ludwigs des Deutschen (I, Taf. 2, 6) im Gebrauche (831–861) belassen wurde (II, Taf. 52, 8).


14. Or. Kathedralarchiv zu Seo de Urgel.     Vor 814.     MR 508. Mon. Germ. DD S. 463, No. 307.

Angebliches Original aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. (A) mit Korrekturen von einer Hand des 12. Jahrhunderts (B). A ist ganz in Bücherschrift geschrieben, die Signum- und Schlußzeile in Majuskel. Am unteren Rande ungefähr in der Mitte die Zeichnung eines Siegels, das einen ruhenden Löwen darstellt, mit der Umschrift in Kapitale: In nomine domini nostri Jesu Christi, daneben noch die Zeichnung eines stehenden Löwen. Die Hand B gibt nur grammatikalische Korrekturen des ungefügen Vulgärlateins. Fälschung ohne jede echte Vorlage, wahrscheinlich in Urgel angefertigt (II, Taf. 30, 4).


15. Gipsabdruck in der v. Savaschen Siegelsammlung Wien im k. k. Museum für Kunst und Industrie in Wien.

Siegelbild = I, Taf. 1, 4. Umschrift: XPE PROT[EGE] CAROLVM IM … TOREM (II, Taf. 30, 5).

Römer-Büchner (Die Siegel der deutschen Kaiser) S. 12 kannte offenbar einen gleichen Abguß, doch bezweifelt Sickel, Acta 1, 351, daß sein Abguß, wie jener angiebt, aus dem pariser Archiv stammt, denn Sickel fand dort keine Kopie dieses Exemplars, und auch Wailly 1, 271 erwähnt bei der Beschreibung dieses Siegels keinen pariser Abguß. Aber das schließt nicht aus, daß der Abguß doch in Paris vorhanden war, inzwischen jedoch infolge des leicht zerbrechlichen Materials zu Grunde gegangen oder verloren ist. Ist das aber nicht der Fall, so sind die Angaben Römer-Büchners über die Herkunft ungenau.

In den diplomatischen Lehrbüchern wird das Siegel aufgeführt als ein solches, dessen sich Karl der Große als Kaiser bedient habe. Das Siegelbild ist dieselbe Gemme wie auf seinen Königssiegeln, nur ist die Umschrift: XPE PROTEGE CAROLVM REGE FRANCOR in IMPERATOREM umgeändert.

Sickel hat dieses Kaisersiegel an keiner Urkunde gefunden und auch Mühlbacher, der Herausgeber der Urkunden Karls in den Monumenta Germaniae, stellt in Abrede, daß noch ein drittes Wachssiegel von Karl geführt worden sei, wie beide auch das Vorkommen einer Bulle Karls des Großen leugnen. Von den beiden Exemplaren des Gerichtssiegels abgesehen, sind nur 19 Originalsiegel Karls erhalten. Von diesen entfallen vier auf die Zeit nach der Kaiserkrönung (800 15/12), und zwar MR 408 (804 19/12), MR 429 (807 7/8), MR 450 (810 12/8) und MR 477 (813 9/5). Hiervon scheidet aus MR 408, da das angebliche Original Ende des 13. Jahrhunderts angefertigt ist, und das daran befindliche Siegel der Königszeit auf der Rückseite in anderem, lichterem Wachse befestigt ist, somit einer Urkunde der Königszeit entnommen sein kann.

Aber auch MR 429 und 450 sprechen für eine Weiterführung des Königssiegels in der Kaiserzeit. An der Echtheit der ersten Urkunde und ihres Siegels ist nicht zu zweifeln, ebensowenig aber auch an der von MR 450, denn wenn auch die Urkunde auf radiertem Texte geschrieben ist, so sind doch Invokation und Titel, Rekognition und Datierung echt, und die Befestigung des Siegels ist nicht zu beanstanden.

Anders verhält es sich mit MR 477 (Or. Staatsarchiv Münster). Zuerst hatte Mabillon (De re dipl. 512 No. 64) dieses Siegel abbilden lassen, mit der Bemerkung, daß A. Overham, dem er das Faksimile des Diploms verdankte, die Umschrift nicht mehr habe entziffern können. Eckhart (Commentarii 2, 91) aber behauptete mit aller Bestimmtheit: 1. daß er auf dem Siegel ein mit Lorbeerkranz geschmücktes Haupt und 2. daß er die Umschrift: Christe protege Carolum imperatorem erkannt habe. Damit stimmen auch die Abbildungen in den Orig. Guelf. (4, 411) und bei Falke,

Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0105.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)