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von Ungarn, als Reichsverweser übertrug und sich unter dessen Vormundschaft begab, gebrauchte er nun den Doppeladler als sigillum imperii, wie die Umschrift sagt, nicht regni (II, Taf. 13, 1). Diesen Doppeladler führte er als Reichsverweser, wenn er auch als solcher nicht anerkannt wurde, bis zu seiner Königswahl (1410). Von da ab nahm er den ihm als König zustehenden einköpfigen Adler (II, Taf. 13, 3. 4) an, seit der Kaiserkrönung führte er wiederum den Doppeladler (II, Taf. 17, 2) und, wie die Anweisung an den Siegelstecher ergibt (S. 47) mit direkter Anweisung der Herstellung eines Doppeladlers, als Wappen des Kaisertums.

Damit fand durch Sigismund die lange herrschende Ansicht von der Verschiedenheit des kaiserlichen und königlichen Wappens offizielle Anerkennung. Von Sigismunds Nachfolgern in der Kaiserwürde wurde nun der zweiköpfige Adler bis zum Ende des Reiches stets beibehalten, während diejenigen Könige, die die Kaiserwürde nicht bekleideten, den einköpfigen Adler führten. Der einköpfige Adler als Wappenfigur erscheint noch unter Friedrich III. ohne Nimbus (II, Taf. 23, 2), während der zweiköpfige auf dessen Siegeln stets nimbiert ist (II, Taf. 25, 2), mit diesem Schmuck zuerst auf den Siegeln Sigismunds nach dessen Kaiserkrönung vorkommt (II, Taf. 17, 2) und dann so bis zur Auflösung des Reichs dargestellt wird. Aber auch auf den Königssiegeln ist, soweit sie erhalten sind, seit Ferdinand I. der Nimbus zu finden (III, Taf. 21, 1–4[WS 1]; 22, 4; 24, 6–8; 26, 2; 29, 1–4; 33, 2), während das Königssiegel Ferdinands IV. des Nimbus entbehrt (III, Taf. 60, 4).

Ferdinand I. führte schon als König dieselben drei Siegeltypen, wie seine, als er Kaiser geworden, im Jahre 1559 erlassene Kanzleiordnung vorschreibt: ein großes, mittleres und kleines Siegel (Sekret), und zwar im großen den einköpfigen nimbierten Adler, mit einem von Österreich und Kastilien gespaltenen (III, Taf. 21, 1) Herzschild; der Adler des mittleren Siegels trägt den Wappenschild von Österreich (III, Taf. 22, 2), während das Sekret ohne solchen ist (III, Taf. 22, 3). Diese drei Siegeltypen finden wir auch in der Königszeit Maximilians II. Deren Adler tragen auf der Brust einen von Böhmen und Ungarn quadrierten Schild, der als Mittelschild, wie das große Siegel Ferdinands I., den von Österreich und Kastilien gespaltenen Schild hat (III, Taf. 29, 1–4).

Seit Rudolf II. scheint kein großer Königsstempel mehr gestochen zu sein. Der Adler des an Größe dem mittleren Siegel Maximilians entsprechenden Siegels trägt den böhmischen Schild (= III, Taf. 24, 6), dem der von Österreich und Kastilien gespaltene Herzschild aufliegt (III, Taf. 35, 7), während der Adler des Sekrets den von Ungarn und Böhmen quadrierten Schild trägt, mit von Österreich und Kastilien gespaltenem Herzschild (III, Taf. 35, 8). Hingegen zeigen die Sekrete der Königszeit Ferdinand III. und IV. – größere Siegel sind nicht bekannt – den Wappenschild der böhmischen Königskanzlei, den quadrierten Schild, mit einem von Österreich und Burgund gespaltenen Herzschild (III, Taf. 54, 3. 4; 60, 4).

Königssiegel Josefs I. sind nicht bekannt. Seit Karl VI. bis zu Ende des Reiches sind dem einfachen Adler komplizierte Wappenschilde aufgelegt (IV, Taf. 15, 1. 2; 36, 4. 5; 44, 1; 48, 2).


4. Gebrauch mehrerer Siegelstempel

In der Reichskanzlei sind, von den unter Konrad II. aufkommenden besonderen Siegelstempeln für Deutschland und Italien abgesehen[1], seit der Zeit der Karolinger bis zu Friedrich I. zur Besiegelung der nämlichen Kategorien von Urkunden desselben


  1. Zuerst unter Konrad II., in der Kaiserzeit, dann in der Kaiserzeit Heinrichs III. ist ein eigenes Siegel für Italien nachweisbar, und Heinrich IV. unterscheidet in seiner Urkunde von 1069 Jan. 3 (St. 2721) ein sigillum teutonicum so deutlich von dem italienischen, daß wir an dem Vorkommen eines besonderen Siegels für Italien nicht zweifeln dürfen, auch wenn uns dasselbe nicht erhalten ist.
    Breßlau hat im N. Archiv 6, 544 diese Frage näher beleuchtet; ich kann auf Grund weiterer Nachforschungen den von ihm gewonnenen Resultaten zustimmen. In der erwähnten Urkunde Heinrichs IV. (St. 2721) heißt es: hanc precepti paginam sigillo nostro teutonico sigillari infra iussimus. Sie ist zweifellos eine echte Kanzleiausfertigung. Freilich fehlt das Siegel, doch deuten bräunlich gefärbte Stellen des Pergaments im Umkreise eines unter dem Monogramm befindlichen Loches darauf hin, daß die Urkunde besiegelt gewesen ist. Leider sind an den italienischen Urkunden so selten Siegel vorhanden, daß die Untersuchung dadurch sehr erschwert wird. So läßt sich denn auch ein italienisches Siegel der Kanzlei Heinrichs IV. nicht nachweisen.
    Eine Vergleichung der Siegel an Urkunden für Deutschland und Italien ergibt für die italienischen Urkunden Konrads II., daß:
    1. St. 1913 das noch erhaltene Siegelfragment keine Identifizierung zuläßt.
    2. St. 1944, 1949, 1951 = Stempel 4 (I, Taf. 12, 5).
    3. St. 2094 = Stempel 6 (I, Taf. 13, 3).
    4. St. 2106 und 2112 mit dem Worte „pius“ in der Siegelumschrift sich nur an Diplomen für Parma und Chur befinden. Wenn man erwägt, daß auch in der Titelzeile der Urkunden Konrads II. gerade in italienischen Stücken und nur hier dem Namen des Herrschers Beiworte wie clementissimus, excellentissimus, pacificus hinzugefügt werden, so wird es um so weniger auffallen, daß das italienische Kaisersiegel desselben, dessen Existenz eben dargetan ist, ein ähnliches Prädikat enthielt. Wir werden deshalb Stempel 7 (I, Taf. 13, 4) als Siegel für Italien anzusprechen haben.
    Eine Vergleichung der Siegel Heinrichs III. ergibt für die italienischen Urkunden:
    1. St. 2225 ist identisch mit Stempel 2 (I, Taf. 14, 2) für Deutschland.
    2. [162] St. 2321. 2338. 2440 = Stempel 4 (I, Taf. 15, 1) für Deutschland.
    3. St. 2484, 2502, dazu St. 2472 Urk. für Deutschland, wo dieses Siegel nur einmal, ausnahmsweise, in einer in in Italien ausgestellten, von einem in beiden Kanzleiabteilungen beschäftigten Beamten geschriebenen Urkunde zur Verwendung gekommen ist, während alle anderen deutschen Urkunden mit einem anderen Stempel gesiegelt sind, so sind wir berechtigt, auch für die Zeit Heinrichs III. das Vorkommen eines italienischen Kaisersiegels festzustellen. Dazu kommt (Vgl. S. 113), daß die Fälschungen St. 2392 (II, Taf. 55, 4) und 2428 (II, Taf. 41, 2) für Italien, diesem in die Ottonenzeit zurückkehrenden Typus nachgebildet sind. Wir haben deshalb Stempel 5 (I, Taf. 15, 2) als Siegel für Italien anzusprechen. Ein negatives Resultat gewinnen wir für die Regierungszeit Heinrichs V. St. 3061 und 3148 entsprechen Stempel 2 (I, Taf. 19, 2) für Deutschland.
    Somit haben sich mindestens die drei ersten Salier, wenigstens zeitweise, für Italien eines eigenen von dem deutschen verschiedenen Siegelstempels bedient. Der Unterschied nach Kanzleien, der nach der Urkunde Heinrichs IV. gemacht ist, ist nun zwar nicht streng durchgeführt. Das italienische Siegel findet sich gelegentlich auch an deutschen, das deutsche auch an italienischen Urkunden. Aber daß man überhaupt einen solchen Unterschied gemacht hat, ist um so bemerkenswerter, als davon weder unter den Ottonen noch unter den Staufern, unter denen ja allerdings auch die Zweiteilung der Kanzlei wieder fortfiel, die Rede sein kann. Kam der Gebrauch eines besonderen Stempels für Deutschland und Italien vielleicht auch unter den ersten Staufern wieder in Wegfall, so hat Friedrich II. sich gegenüber Papst Honorius III. 1220 aufs neue dazu verpflichtet. Böhmer-Ficker Reg. imp. 1201. Breßlau UL. 945. Ilgen a. O. I, 4, 32.
  1. Vorlage: I, Taf. 21, 1–4
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0162.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)