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(I, Taf. 17, 4. 5)[1] mehrere Stempel gleichzeitig und durcheinander in der Weise angewendet worden, daß man an Willkür denken könnte. Bei einzelnen Herrschern, wie Arnulf (I, Taf. 4, 65, 4)[2], Konrad I. (I, Taf. 6, 1. 2)[3] und Heinrich I. (I, Taf. 6, 6. 7)[4], dürfte sich das Nebeneinandervorkommen verschiedener Stempel auf andere Weise erklären lassen.

Bei der Untersuchung waren diejenigen Siegel auszuscheiden, deren gleichzeitige Benutzung durch besondere


  1. In der Kaiserzeit Heinrichs IV. sind Stempel 8 (I, Taf. 17, 4) und 9 (I, Taf. 17, 5) bis 1098 nebeneinander, letzterer von 1102 Febr. 15 ab allein in Gebrauch.
    8. Stempel
    I, Taf. 17, 4
    9. Stempel
    I, Taf. 17, 5
    1091 21/9
    1093 12/5
    1098 10/5 (Fälschung)
    1099 10/2
    1001 26/3
    1102 15/3
    1103 15/7, 24/9
    1105 24/11, 3/12
  2. Der erste Stempel Arnulfs noch an Urkunde von 888 Jan. 1 (MR 1769), nachdem schon 21 Tage früher der Stempel 2 in Anwendung gekommen, woraus zu schließen, daß in den ersten Tagen noch der alte neben dem neuen Stempel benutzt wurde. Die Urkunde 889 Dez. 12 (MR 1841) ist eine Fälschung des 11. Jahrhunderts. Stempel 2 an der undatierten Urkunde (MR 1883) ist wegen des Siegels spätestens unter das Jahr 892 einzureihen. Stempel 3 an Urkunde 889 Dez. 4 (MR 1839), deren Echtheit bisher nicht angefochten worden, erscheint auffällig. Er wird sonst erst in den Jahren 893–95 gefunden, also hier drei Jahre früher, und zwar in einer Zeit, in der Stempel 2 bis zum Aufkommen des Stempels 3 sonst allein in Gebrauch war. Nur einmal kommen die Stempel 4, 5 und 7 vor. An der Echtheit dürfte bei der rohen Ausführung von Stempel 4 und 7 zu zweifeln sein, und Stempel 5 ist bedeutend kleiner als die übrigen Siegel Arnulfs, so daß auch an der Echtheit dieses Siegels Zweifel berechtigt sind; zumal hier Schild und Speer, wie sie die übrigen Siegel Arnulfs zeigen, wie bei Stempel 4, fehlen. Vgl. S. 151.
    1. Stempel
    I, Taf. 4, 7
    2. Stempel
    I, Taf. 4, 8
    3. Stempel
    I, Taf. 5, 1
    4. Stempel
    I, Taf. 4, 6
    5. Stempel
    I, Taf. 5, 2
    6. Stempel
    I, Taf. 5, 3
    7. Stempel
    I, Taf. 5, 5
    887 27/11 887 11/12
    888 1/1 888 23/1, 28/1, 11/2, 20/2, 13/3, 19/3, 29/5, 8/6, 10/6, MR 1799, 25/8, 9/10, MR 1806
    [889 12/12] 889 3/5, 23/5, 5/6, 12/6, 20/6, MR 1819, 1/7, 16/8, 15/10, 18/11, 21/11 (4mal) [889 4/12]? 889 5/10
    890 10/1, 21/3, 15/4, Mai, 1/6, MR 1851
    891 6/1, 12/1, 3/2
    892 21/1, 25/4, 30/6, 2/7, MR 1883 (undatiert)
    893 6/1, 11/2, 31/5, 5/6, 2/9 893 7/2
    894 1/2, 26/8 (2mal)
    895 8/5, 25/5, 16/7, 1/12
    896 2/8, 9/8, 13/8, 20/11
    897 30/1, 5/5, 12/6, 7/8
    898 18/5, 31/8, 13/10, 17/10, 13/12 898 13/12
    899 8/2
  3. Aus Konrads I. ersten zwei Monaten seiner Regierungszeit sind nur zwei Urkunden 911 Nov. 10 und 912 Jan. 11 (MR 2071 und 2072) bekannt, die mit zwei verschiedenen Stempeln (I, Taf. 6, 1. 2) besiegelt sind. Danach erscheint Stempel 2 schon acht Wochen nach dem ersten Vorkommen von Stempel 1, während bereits 7 Monate später Stempel 3 (I, Taf. 6, 3) gefunden wird. Man hat bisher Stempel 1 als provisorisches Siegel bezeichnet, und auch Stempel 2 würde als solches zu bezeichnen sein. Stempel 3 und 4 sind nacheinander gebraucht. Da nun die Existenz von Stempel 1 und 2 allein nur durch zwei Urkunden erwiesen ist, so wird sich die Frage, ob beide nacheinander oder nebeneinander in Anwendung gekommen sind, nicht entscheiden lassen. Stempel 1 und 2 sind offenbar provisorische Siegel. Der an MR 2071 (2012), wahrscheinlich am Krönungstage, ausgestellten Urkunde vorkommende Stempel 1 (I, Taf. 6, 1) war jedenfalls am Krönungstage noch nicht fertiggestellt. In Eile hergestellt, ist er bald durch einen besseren (I, Taf. 6, 2) ersetzt worden, der aber bald einem dritten Stempel (I, Taf. 6, 3) weichen mußte, worauf dann Stempel 4 (I, Taf. 6, 4) angeschafft wurde, der aber schon 912 MR 2077 (2018) vereinzelt und dann erst 914 gefunden wird. Die Urkunde ist wohl frühestens 913 besiegelt worden. Vgl. II, 5. Beurkundung und Besiegelung.
    1. Stempel
    I, Taf. 6, 1
    2. Stempel
    I, Taf. 6, 2
    3. Stempel
    I, Taf. 6, 3
    4. Stempel
    I, Taf. 6, 4
    911 10/11
    912 11/1 912 12/4, 1/7, 8/8, 25/9, 3/10 [912 12/4]
    913 3/2
    914 24/5, 25/5
    916 4/5, 29/6, 6/7
    918 4/7, 9/9,
  4. Heinrich I. Stempel 1 (I, Taf. 6, 6) zuerst an St. 1, dann noch einmal 925 März 30 an St. 10, während die dazwischen liegenden Originale St. 4–8 mit Stempel 2 (I, Taf. 6, 7) besiegelt sind. Vielleicht durch Blankett zu erklären.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)