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mit Ausnahme der allerersten Zeit, immer in rotem Wachs ausgedrückt[1]. Die Besiegelung wird manchmal gar nicht erwähnt. Das aufgedrückte Siegel ist in der Regel das kleine, das Sekretsiegel dasselbe, welches auch als hängendes verwendet wird. Es ist immer in rotem Wachs aufgedrückt und darüber zum Schutze eine viereckige, quadratische oder rautenförmige Papierdecke gelegt[2]. Diese war vorher angefeuchtet auf den Stempel geschlagen worden, so daß sie das Bild des Siegels mehr oder weniger deutlich aufnahm, und wurde dann, wie auch noch zu Maximilians I. und Karls V. Zeiten, mit dünnem Leim auf das Wachssiegel geklebt[3].

Zu Ludwigs IV. Zeiten tritt eine Neuerung in der Art der technischen Behandlung zuerst des kaiserlichen Sekretsiegels ein. Es wird weiches Papier direkt auf das Wachs gelegt und dann erst, wohl mit Hilfe eines Hammers oder einer Presse, der Stempel aufgedrückt[4]. Vielleicht geht diese Art der Besiegelung auf italienischen Einfluß zurück.

In der weitaus größten Mehrzahl der Fälle ist das Siegel auf dem Rücken des Schriftstückes angebracht, doch findet es sich auch auf der Schriftseite mitten unter dem Texte in spatio[5]. Unter Karl IV. kommt das nicht selten vor, während man es unter Wenzel und Ruprecht nicht beobachtet hat. Unter Sigismund fand der Gebrauch jedenfalls wieder Aufnahme und scheint am Schluß seiner Regierung in der Kanzlei fast zum herrschenden geworden zu sein.

Der ursprüngliche Gebrauch war jedenfalls, die Siegel in dorso anzubringen, und wenn der Text die ganze Seite einnahm, war das auch allein möglich. Doch mußte sich bald der praktische Gesichtspunkt geltend machen, daß das unter dem Text aufgedrückte Siegel besser geschützt blieb, und wenn der Raum reichlich vorhanden war, empfahl sich diese Weise. Daher die wohl absichtliche Änderung unter Sigismund, wie sie auch für die späteren Zeiten in Geltung geblieben ist[6].

Erst unter Sigismund wird auch, doch nur ausnahmsweise, Patenten das rote Majestätssiegel aufgedrückt[7].

Das Verfahren der Besiegelung von Briefen, das wir aus der Zeit Friedrichs II. genauer kennen, war bei offenen und geschlossenen Briefen ein verschiedenes. Erstere wurden zweimal der Höhe nach und, bei größerem Umfang, auch einmal der Quere nach gefaltet, das Siegel ist dann auf der Rückseite des mittleren Stückes aufgedrückt und durch einen Pergamentstreifen befestigt. Bei den geschlossenen Briefen wurden in das oft dreimal der Höhe nach gefaltete Pergament Einschnitte gemacht, durch diese zog man einen schmalen Pergamentstreifen und drückte auf dessen scharf angezogenen Enden das Siegel außen dergestalt auf, daß der Brief nun, nachdem entweder das Siegel zerstört oder der Pergamentstreifen durchschnitten und herausgezogen war, entfaltet werden konnte[8].

In der Ausfertigung der Briefe unter Ludwig IV. zeigt sich keine Einheitlichkeit. Bei drei Briefen ist das rote Sekretsiegel so auf der Rückseite aufgedrückt, daß es zugleich die umgeschlagenen Flügel des Blattes zusammenhielt und bei der Entfaltung also durchgerissen werden mußte; außerdem ging zum Verschlusse unter dem Wachs auch noch ein schmaler Pergamentstreifen hindurch, der durch je zwei an den


lassen sich ganz unwandelbar festgehaltene Unterschiedsmerkmale weder für die Patente, noch für die Briefe Ludwigs erkennen, sondern beide Gruppen haben mancherlei Berührungspunkte, sodaß bisweilen die Zuteilung eines Schriftstückes schwankend sein kann. Zahlreiche Mandate sind auch unter hängendem Siegel, also in Diplomform, ausgefertigt, vgl. beispielsweise beim Sekretsiegel Or. 2908, 2925, ferner mit Majestätssiegel Or. 2482, 2487, 2918a, 2918b u. a. W. Lippert a. O. 13, 605.

Vgl. S. 139

  1. Das rote Sekretsiegel in gelber Schüssel hängt, stets an Pergamentstreifen, nur an fünf Urkunden Ludwigs IV. (Or. Dresden 2495, 2716, 2889, 2908, 2925). Or. 3046 ist unter rund geschnittener Papierdecke aufgedrückt. Auf der Schriftseite ist es, wie schon Grauert S. 301 angibt, nie aufgedrückt, Lindner a. O. 40.
  2. Für Ludwig IV. trifft das nach den dresdner Originalen nur bei 2584 zu, wo aber auch die Decke unregelmäßig viereckig geschnitten war. Auch bei 2585 war das Papier unregelmäßig geschnitten, anscheinend fünfeckig und deckte das Wachs nur unvollkommen. Auch bei Karl IV. finden sich Ausnahmen. So ist in Or. 3005 als Decke auf dem roten Sekretsiegel ein ganz unregelmäßiges, abgerissenes Stückchen Papier aufgeklebt. Lippert a. O. 605.
  3. Lindner a. O. 8 hat auch für Ludwigs Zeit mit seiner Angabe Recht, da sonst die Siegelformen im Wachs nicht so deutlich wiedergegeben sein würden (das Or. 3005 bietet einen trefflichen Beweis für Karl noch als Markgraf von Mähren). Bei dem einen Patent (Or. 3046), dessen rotes Sekret eine noch wohlerhaltene, fest anklebende Papierdecke trägt, läßt sich über diese Frage nichts sagen; das Papier ist hier rund geschnitten Lippert a. O. 606.
  4. So Or. Hausarchiv München 1328 März 15. Vgl. Schwalm im N. Archiv 23, 336. Haberditzl a. O. 650.
  5. Von zwei Mandaten Sigismunds (Or. Dresden 6440) 1437 März 9, beide denselben Gegenstand betreffend, hat das eine das Sekret in spatio, das andere in dorso.
  6. Lindner a. O. 1–2.
  7. Or. Dresden 6313 und 6424: 1434 Okt. 1 und 1437 Jan. 3.
  8. Vgl. Philippi a. O. 4. Breßlau a. O. 955. Originale geschlossener Briefe sind aus dem früheren Mittelalter nur äußerst wenige erhalten. Aus dem 12. Jahrhundert sind bisher nur zwei Stück bekannt geworden, von denen aber noch nicht endgültig entschieden ist, ob man es tatsächlich mit Originalen zu tun hat. Infolgedessen ist auch unsere Kenntnis bis zum 13. Jahrhundert, wo ihre Zahl allmählich zunimmt, sehr dürftig. Um so wertvoller ist ein Fund, den L. Schmitz kürzlich im Fürstl. Salm-Horstmarschen Archiv gemacht hat. Vgl. Mitteil. des Inst. f. Öst. Geschichtsf. 24, 345f. Das erste ist ein Schreiben des mainzer Erzbischofs Konrads an den Bischof Hermann v. Münster (1174–1202), das zweite ist an den Papst gerichtet. Daß das erste Schreiben zweifellos ein Original ist, geht aus der auf der Rückseite stehenden Adresse, der noch genau erkennbaren Faltung und aus den Einschnitten in dem Pergament hervor, durch die der Pergamentstreifen für den Verschluß und die Besiegelung gezogen war, Ja, es ist auch noch deutlich sichtbar, in welcher Weise der Brief gefaltet war. Er war völlig verschlossen. Daß der zweite Brief ein Original ist, ist wahrscheinlich. Die Faltung ist vorhanden, aber der Verschluß und die Besiegelung sind nicht mehr erkennbar.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0176.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)