Seite:Posse Band 5 0205.jpg

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Die Ausprägung geschah in rotem oder ungefärbtem Wachs. Meistens ist nur noch ein kleiner runder Flecken sichtbar, aber reichlichere Reste haben sich doch auch erhalten, und in einem Falle (IV, Taf. 74, 11) ist das Bild zu erkennen: es stellt einen Kopf mit einer dreizackigen Krone dar, der Rand ist geperlt. Der Kopf entspricht in verkleinertem Maßstabe dem Kopfe des großen Königssiegels (I, Taf. 50, 5).

Wahrscheinlich erfolgte, wie nach der sizilischen Kanzleiordnung, die Signierung vor der Hauptbesiegelung und war vermutlich, wie auch dort, das Zeichen, womit die Reinschrift für die eigentliche Besiegelung für reif erklärt wurde. Das kleine Rundsiegel befand sich offenbar in den Händen des Kanzlers und vertrat hier das Privatsiegel des sizilischen Großhofrichters. Nachdem das eigentliche Siegel angebracht war, scheint das kleine Ringsiegel zumeist abgekratzt zu sein.

Die Urkunden der Könige des Zwischenreiches kennen eine derartige interimistische Besiegelung nicht, und später auch nur die Urkunden aus der Königszeit Ludwigs IV.

Mit dem um die Mitte des 13. Jahrhunderts in Deutschland aufkommenden Sekretsiegel beginnt unter Rudolf I. eine Besiegelung der Rückseite des Hauptsiegels mit diesem, an dessen Stelle auch ein Greif und verschiedenartig gestaltete Figuren, wie auch unter Albrecht I., treten. Sie alle haben offenbar dazu gedient, die Bürgschaften gegen den Mißbrauch des Siegels zu vermehren.

Dieses Rücksiegel hat dann unter Heinrich VII. eine feste Gestalt angenommen, einen rückwärts sehenden Adler, mit der Umschrift: Iuste judicate fili hominum, wie er unter Ludwig IV., Günther und Karl IV. als Kaiser beibehalten worden ist. Die Könige Ruprecht und Albrecht, sowie Sigismund, als König, haben kein Rücksiegel geführt. Letzterer ließ aber als Kaiser das bisherige kleine Rücksiegel, das den Adler darstellte, in gleicher Größe mit der Vorderseite (Münzsiegel) und mit anderer Umschrift umgestalten. Und so blieb es auch unter Friedrich III.[1]

Erst unter Karl IV. tragen Urkunden auf den Fertigungsbefehl bezügliche Vermerke, in denen der König, als Auftraggeber, mit dem Befehl zur Ausfertigung erscheint und somit auch die Siegelung befiehlt. Natürlich sind die Stücke, die von Karl eigenhändig unterschrieben und besiegelt sind, von ihm selbst in ihrem Inhalt geprüft worden und aus seinem eigensten Entschlusse hervorgegangen. Die fertig geschriebenen Urkunden wurden dem Könige vorgelegt, der sie unterschrieb, oder besiegelte, worauf erst die regelmäßige Besiegelung in der Kanzlei erfolgte[2].

In sieben Urkunden Karls IV. vom Februar 1349 geht die eigenhändige Subskription mit dem eigenhändigen aprobamus des Königs Hand in Hand, unter Friedrich III. tritt seit der Königswahl die Sekretierung mit dem Signete an Stelle der in der herzoglichen Zeit regelmäßig von ihm geübten Unterfertigung, sie wird seit 1441 so häufig, daß man sie geradezu als Erfordernis der unter Hängesiegel hinausgegebenen Urkunden ansehen kann. Sie hat eine eigentümliche Form: Friedrichs Siegelring wird auf jenes Siegel aufgedrückt, mit dem die Kanzlei die Urkunde versehen hat. Ist es das große Majestätssiegel, so behält das kleine achteckige Siegel (II, Taf. 25, 1) seinen Platz vorn zu den Füßen des Thrones, ist es das Sekretsiegel, so kommt das Signet auf die Mitte der Rückseite[3].

Der Sekretierung wurde im Eschatokoll der Urkunde nicht besonders gedacht, sie gilt als notwendiger Teil der Besiegelung.

Durch diesen Akt sicherte sich der Herrscher eine letzte persönliche Kontrolle wenigstens aller wichtigeren Urkunden, nachdem sie mundiert waren. Ohne die Sekretierung konnte die Hinausgabe der Urkunde nicht erfolgen, sie gab ihm vor allem die Möglichkeit, Urkunden noch im letzten Augenblicke durch Verweigerung der Sekretierung zu kassieren[4].


seiner Söhne betrifft. Am 18. Aug. 1337 schlossen Ludwig und seine Söhne Ludwig und Stefan mit Friedrich von Meißen Bündnisse und zugleich Verträge ab. Das Hauptstaatsarchiv Dresden besitzt von diesen neun Urkunden die drei des Kaisers (Or. 2780, 2782, 2783), zwei des Brandenburgers (2781, 2784), zwei Stefans (2785, 2786). Stefans Bündnis befindet sich im Gesamtarchiv Weimar (Reg. F p. 150 E. 31a). Auf sämtlichen fünf vorhandenen Urkunden der Söhne findet man außer den an Pergamentstreifen hängenden Fußsiegeln Ludwigs, bez. Reitersiegeln Stefans noch auf der Rückseite ein zweites, rundes, grünes Wachssiegel aufgedrückt (2781, 2784, 2785) und der Weimarer in der rechten, bei 2786 in der linken Ecke. Die noch vorhandenen Reste des Siegelbildes und der Umschrift verraten Anklänge an das bekannteste wettiner Siegel des 14. Jahrhunderts, den reifgeschmückten Jünglingskopf einer antiken Gemme, den vier Generationen der Markgrafen von Meißen (von Friedrich dem Freidigen bis zu seinem Urenkel Friedrich den Streitbaren) (Posse, Lehre von den Privaturk. 132. 136 und Siegel der Wettiner, Taf. 17, 3; 20, 3) ein Jahrhundert lang als Sekretsiegel führten. Eine Vergleichung mit wohlerhaltenen Originalen dieses Sekretes ergab das überraschende Resultat, daß tatsächlich bei jener Zusammenkunft in Schleusingen der Wettiner, für den alle diese Urkunden ausgestellt wurden, sein Sekretsiegel auf der Rückseite der Urkunden der Kaisersöhne – nicht aber denen des Kaisers selbst – mit aufdrücken ließ. Es handelt sich also hier um eine Doppelbesiegelung, die Hauptbesiegelung des Ausstellers und eine sekundäre Mitbesiegelung des Empfängers.

  1. Vgl. S. 172.
  2. Lindner, Urkundenwesen Karls IV. und seiner Nachfolger 51, 96, 127. 143. – Erben a. O. 1, 263.
  3. Erben a. O. 1, 277. Bis zum Jahre 1456 wird auf das braungelbe Wachs des Hauptsiegels an der betreffenden Stelle eine dünne Schicht roten Wachses aufgetragen, sodaß der Abdruck des Sekretes rot erscheint. Von 1456 an erfolgte der Abdruck direkt auf das Wachs des Hauptsiegels. Sybel und Sickel, Kaiserurk. in Abb. Text 472.
  4. Breßlau UL. 1, 772. – Seeliger (Mitteil. des Inst. f. österreich. Gesch.) 8, 15, Anm. 1. Verhältnismäßig oft sind wirklich schon vollendete Urkunden wegen der kaiserlichen Weigerung nicht zur Ausgabe gelangt. Der Taxator Weigand fügte z. B. seiner Aufzeichnung eines für den Juden Abraham aus Speier bestimmten Freiheitsbriefes hinzu: „non est secretatum neque concessum per imperatorem. Baltazar promovit, sed non profecit“, strich später auch diese Bemerkung aus und notierte „imperator noluit non cedere“. (Taxregister fol. 40). – Seit dem Jahre 1442 sind nicht sekretierte Diplome so selten, daß man [205] das sekretierte Siegel geradezu als Erfordernis hinstellen kann. Seeliger a. O. 10, Anm. 2. Nach der Königswahl häufte sich natürlich die Anzahl der Diplome außerordentlich, so daß Friedrich zum Auskunftsmittel des Sekretierens schritt. Or. Dresden 6709. 1442 Juni 24, also acht Tage nach der Wahl ausgestellt, ist noch nicht sekretiert.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0205.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)