Seite:Posse Band 5 0209.jpg

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9. Der Kanzleidiener trägt das Schriftstück zurück zum Taxator, der es, nachdem dasselbe auf Grund der Taxordnung mit angeschriebener Taxe versehen ist, dem Erz- bez. Vizekanzler zur Unterzeichnung durch den Kaiser und Kanzler, sowie zur Besiegelung überbringt[1], diese dort selbst vornimmt und die mit dem großen und mittleren Siegel besiegelten Sachen in ein bei den Siegelstempeln aufbewahrtes Verzeichnis regestenmäßig einträgt.

10. Bei der Besiegelung kommen drei Stempel in Anwendung:

a) das große Siegel. Dieses wird verwendet für alle hohen Regalien, Lehen, „was churfursten, fursten, fursstmessigen gegeben, auch grosse haubtverschreibungen, adels- und andere freyhaiten“[2];

b) das mittlere Siegel für Sachen „für die vom adel, lehen, wappen und geringere gnaden briefe“.

Die mit dem großen und mittleren Siegel zu besiegelnden Sachen sind außer mit der Namensunterschrift des Kaisers zu zeichnen: „Vice ac nomine reverendissimi domini archicancellarii Moguntini“;

c) das kleinere Siegel (Sekret) für papierene Briefe, Missiven oder Patente, das sich in den Händen des Taxators befindet.

11. Die Reichsregistratur hat darauf alle mit einem der drei Siegel besiegelten Schriftstücke mit einem Registraturvermerk zu versehen, nachdem sie in verschiedene Bücher registriert sind. Für Regalien, Reichslehen und dazu notwendige Gewaltbriefe werden besondere Lehn- oder Feudalbücher geführt.

12. Der Taxator sorgt schließlich für die persönliche Aushändigung und die Versendung durch die Post oder durch Boten an den Empfänger, unter Eintragung dieser Stücke in besondere Post- oder Botenregister, mit Angabe des Zustellungstages und des Namens des Postmeisters oder der Botenrelation.

Auf demselben augsburger Reichstage, wo die Reichskanzlei eine Ordnung erhielt, erließ Kaiser Ferdinand I. auch eine Reichshofratsordnung, die in den wesentlichsten Punkten mit der Ordnung von 1527 und einem Entwurf von 1541 übereinstimmt. Aus dem Hofrat des deutschen Königs war der Hofrat des deutschen Kaisers geworden. Die Ausfertigung der „Conclusa“ des Reichshofrats war die Aufgabe der Reichskanzlei, gemeinsam mit dem Reichshofratspräsidenten unterzeichnete er diese. Die Mitglieder des Hofrats gehörten nach wie vor dem deutschen Reiche und den österreichischen Erblanden an. Er blieb bis zur kollegialen Organisation der geheimen österreichischen Hofkanzlei oberste Instanz für Prozeßsachen für die deutschösterreichischen Erblande.

Unter Ferdinand II. trat 1620 ein bedeutungsvoller Umschwung in den Kanzleiverhältnissen ein. Eine seiner ersten Regierungshandlungen war, daß er durch die Gründung einer selbständigen österreichischen Hofkanzlei die Kanzleien trennte und die Vereinigung des Hof- und Reichskanzleramtes in einer Person aufhob. An der Spitze wurden anfangs Vizekanzler, später ein Hofkanzler gestellt.

Die österreichische Kanzlei wurde damit zur Hauskanzlei der deutschen Habsburger und erhielt die Expedition damit alle die Geschäftsstücke zugewiesen, die die österreichischen Länder und die Secreta des Erzhauses betrafen.

Der Reichsvizekanzler blieb nach 1620 so wie früher Mitglied des geheimen Rates, doch, wie im Jahre 1627 betont wurde, hatte er hier seine beratende Stimme nur in Reichssachen zu erheben. So sank dann die ehemalige hochbedeutende geheime Ratswürde des Reichsvizekanzlers zu einer nichts besagenden Titelwürde herab, als Kaiser Leopold I. von der bereits überlasteten Hofkanzlei, die im Jahre 1654 kollegial organisiert und zugleich auch die oberste Gerichtsbehörde für die Erbländer geworden war, die auswärtigen Agenden abzweigte, und zu deren Behandlung 1669 die geheime Konferenz ins Leben rief. Die Einrichtung der ständigen Konferenz durch Josef I. im Jahre 1709 ist in keiner Weise als eine neue Phase in dieser Entwickelung der amtlichen


zuvor und ehe sie zum siegel getragen werden, corrigirn und mit iren namen vertzeichnen. [5] Item der registrator sȯll gueten vleiß haben, alle brieve, so under anhangenden sigeln außgeen, ordentlich in ein buch mit seiner handt zu registriren oder durch andere, doch uff seinen costen registriren laßen, und so die dermaßen registrirt sein, gen den concepten collationiren, damit in dem register nichts ungerechts erfunden werde. [6] Und sȯll auch uff alle brieve besunder was anhangende insigel hatt, außen zuruck das wortt Registrata und dobey seinen gewonlichen namen und zunamen schreiben. [25] Und was brieve obbemelter weise angeschafft, geschrieben, sȯllen dem taxatori uberantwurt werden, der die zu seinen handen nemen, uns oder unserm cantzler zu versiegeln oder zu secretirn anbringen, und so die gelesen und underschrieben sein, sȯll er die bey sich nemen, den leuthen, dan sie zustuenden, auff außrichtung gepuerlicher tax und belonung volgen laßen. Doch sȯllen der kn mat. angeschaffen sachen vor andern alwegin verfertigt, secretirt oder gesiegelt und nach gestallt der sachen hinweg geordent werden. [26] Und was mit dem großen sigel zu sigeln ist, sȯll uns und das ander unserm cantzler oder dem, der das kleyn sigel oder secret aus unsern bevelh zu yeder zeit haben wurde, zu underschreiben furbracht werden. – Kanzleiordnung von 1498 Sept. 12 (Posse a. O. 209, Seeliger, Erzkanzler 208 und Fellner-Kretschmayr a. O. 2, 48): [2] Item, unser gross sigl, so derselb unsrer neve von Meintz itz praucht, und das missifsigl, so wir von neuem machen lassen wollen, soll man legen in die ratstruhen in ein lade neben dem, darin die anderen zwei sigl und secret ligen. [3] Item, zu demselben ladel, dorein dieselben zwei reichssigel gelegt werden, soll unser neve von Meintz allein den slüssel haben, aber die schlussel der ratstruhen sollen onverendert beleiben. [4] Item, mit denselben zweien reichs- und sunst mit dhainen andern sigln sollen alle hendl des reichs gefertigt werden. [5] Item, mit dem sigl und secret, so wir bisher gepraucht haben und auch in der ratstruhen ligen, sollen durch die, so wir darzu verordnen, und von niemands anderm, allain alle osterrichisch und burgundisch hendel besigelt werden und gefertigt. [6] Item es soll auch kain brieve in des reichs hendeln besigelt werden, er si dann zuvor von unserm lieben neven von Meintz oder seinem verordenten underschriben und gezaichnet.

  1. So auch schon in der Kanzleiordnung Friedrichs III. aus der Zeit 1482–84 Gedr. Posse, Lehre von den Privaturk. S. 204 (28): Er (der taxator) soll auch all brief selbs zum sigel tragen, die gesiegelten wider zu seinen handen nemen, und alsdann so all ordnung damit gehalten ist, er und sunst niemand die hinauß geben.
  2. Vgl. S. 177.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0209.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)