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nicht darauf an, ob es das Siegel des Ausstellers seines Machwerkes sei[1]. Vereinzelt sind wohl auch Blankets, mit Siegel, verwendet worden[2].

Vielfach entnahm der Fälscher das Siegel einer echten Urkunde und fügte es seiner Fälschung bei. Hierbei hat er das richtige getroffen[3], sich aber auch in dessen Wahl geirrt, indem er entweder ein Siegel zufügte, das der Aussteller zur Zeit der Ausstellung der Urkunde nicht mehr führte oder erst später in Gebrauch nahm[4].


Bug bedeckt. Zeugen und Datierung sind wohl der abradierten Urkunde entnommen. Vgl. Philippi a. O. S. 79. Die rotgelben Seidenfäden sind offenbar durch Bohrung locker gemacht, an der Urkunde wieder befestigt und durch das Loch im Siegel wieder durchgezogen worden, in diesem bewegen sie sich frei ohne Verbindung mit der inneren Wachsschicht.

Karl IV. (Or. Dresden 3618). 1360 Dez. 19. Ältere Urkunde Karls IV. abgeschabt, von einer Hand des 15. Jahrhunderts wieder beschrieben. Nur Reste des echten Siegels erhalten.

Der reichenauer Fälscher, der für Reichenau und drei andere Klöster Urkunden fälschte, hat für seine Machwerke ausschließlich echte Urkunden benutzt und nach Beseitigung der ursprünglichen Schrift sie reskribiert. Vgl. S. 219.

  1. MR 478 (465) (II, Taf. 52, 8). Karl der Große. Fälschung Mitte des 12. Jahrhunderts auf ein lädiertes Original Ludwigs des Deutschen geschrieben, mit dessen echtem Siegel (I, Taf. 2, 6). Vgl. S. 101.
    MR 864 (835) (II, Taf. 52, 11). Ludwig der Fromme. Angebliches Original des 12. Jahrhunderts auf Rasur, mit echtem Siegel Arnulfs (I, Taf. 4, 8). Vgl. S. 102.
  2. St. 2482 (II, Taf. 56, 1), Heinrich III. mit echtem Siegel Heinrich II. (I, Taf. 11, 3). Ein Blankett aus der Zeit Heinrichs II., das liegen geblieben und später im 11. Jahrhundert zu einer Fälschung auf den Namen Heinrichs III. verwendet wurde, doch ist nicht ausgeschlossen, daß das Siegel eine durch Abformung hergestellte Fälschung ist. Vgl. S. 114.
  3. MR 212 (207) (II, Taf. 52, 3). Karl der Große. Fälschung des 12. Jahrhunderts mit echtem Siegel (I, Taf. 1, 4). S. 100.
    MR 408 (401) (II, Taf. 52, 6). Karl der Große. Fälschung der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts mit echtem Siegel. Vgl. S. 101, 104.
    MR 754 (729) (II, Taf. 52, 10). Ludwig der Fromme. Fälschung der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit echtem Siegel (I, Taf. 1, 6). Vgl. S. 99, 101–3.
    St. 383. Otto I. Fälschung wohl bald nach 1143 entstanden, wahrscheinlich mit Benutzung der echten Vorlage von St. 577. Echtes Siegel = I, Taf. 7, 6.
    St. 489 (II, Taf. 53, 2). Otto I. Fälschung, Nachzeichnung 11. Jahrhundert. Echtes Siegel (I, Taf. 7, 7). Vgl. S. 106. 223.
    St. 693 (II, Taf. 53, 3). Otto II. Fälschung 12. Jahrhundert. Siegel Ottos II. 4 aus der Zeit von 977 und 983 (I, Taf. 12, 5). Vgl. Breßlau, Urkundenlehre 677. Vgl. S. 106.
    St. 844 (II, Taf. 35, 1). Otto II. Fälschung, um die Wende des 11. und 12. Jahrhunderts hergestellt. Ob ein echtes oder falsches Siegel angebracht war, läßt sich nicht mehr entscheiden. Vgl. S. 106, 107.
    St. 705 und 753 (II, Taf. 53, 4. 5). Urkunden Ottos II. aus den Jahren 977 und 979, im 12. Jahrhundert gefälscht, besiegelt mit Otto II. 4 (I, Taf. 8, 5), aus der Zeit von 972–983. Wie für das Protokoll von St. 705 das Diplom St. 704 benutzt worden ist, so ist wohl auch diesem Originale das echte Siegel entnommen und an St. 705 künstlich aufgeklebt worden. Bei Wegnahme des Siegels ist gewaltsam ein Loch in das Pergament von St. 704 gerissen worden. – St. 753 benutzt zum Teil St. 827, auch St. 763 und 674, während das ganze Eschatokoll St. 763 entnommen ist, mit Ausnahme des Tagesdatums und der Ortsangabe, die der Fälscher durch andere Angaben willkürlich ersetzte. Vgl. S. 106.
    St. 1650. Heinrich II. Fälschung 12. Jahrhundert. Nachzeichnung von St. 1684, dem auch das Protokoll entnommen sein muß, zwischen 1172 und 1189 hergestellt. Befestigt daran ist die echte Bulle 2 (I, Taf. 11, 6. 7), die ursprünglich wohl zu St. 1684 gehörte. Vgl. S. 109.
    St. 1708 (II, Taf. 55, 2). Heinrich II. Fälschung 12. Jahrhundert mit echtem Siegel (I, Taf. 11, 3), aber da die Datierung genau mit der von St. 1706, einer Urkunde des 11. Jahrhunderts, mit demselben echten Siegel übereinstimmt, namentlich auch in dem Fehler a. inc. 1117 statt 1018, so hat dem Fälscher gewiß eine echte Vorlage zu Gebote gestanden, die von demselben Manne herrührte, der St. 1706 datiert hat. Vgl. S. 110.
    St. 1722 (Mon. Germ. DD 406b). Heinrich II. Fragment des Originaldiploms. Dazu die Fälschung (Mon. Germ. Dipl. 406b), am Ende des 11. Jahrhunderts angefertigt, mit Nachahmung der Schrift des Originals. Das echte Siegel des letzteren wahrscheinlich auf die Fälschung übertragen (= I, Taf. 11, 3). Vgl. S. 223.
    St. 2032. Konrad II. Fälschung 12. Jahrhundert. Dem Fälscher, der diese Urkunde zusammen mit Heinrich II. St. 1708 und 2379 um die Zeit von 1162–1165 hergestellt hat, lag ein echtes Diplom Konrads II., vielleicht eine Immunitätsbestätigung vor, dem er das Protokoll und die Interventionsformel entlehnte und dessen Siegel er auf sein Trugwerk übertrug. Mon. Germ. DD H II. 391 und K II. 181. Vgl. Breßlau, Urkundenlehre 1, 845.
    St. 2197 (IV, Taf. 84, 1). Heinrich III. Fälschung 11.–12. Jahrhundert mit echtem Siegel (I, Taf. 14, 1). Vgl. S. 112.
    St. 2379 (IV, Taf. 84, 4). Heinrich III. Fälschung 12. Jahrhundert mit echtem Siegel (I, Taf. 15, 1). Vgl. S. 110. 113.
    St. 2392 (II, Taf. 55, 4). Heinrich III. Fälschung auf Grund von St. 2484 mit echtem Siegel = Heinrich III. 5 (I, Taf. 15, 2). Dagegen hält Wibel (N. Archiv 36, 310) das Siegel für falsch, und zwar wie die Urkunde selbst eine Nachbildung nach dem Original St. 2484. Vgl. S. 113, 166.
    St. 2473. Heinrich III. Fälschung des letzten Jahrzehnts des 12. Jahrhunderts. Siegel echt = Heinrich III. 4 (I, Taf. 15, 1). Vgl. Breßlau im N. Archiv 34, 386.
    St. 2940. Heinrich IV. (Abgeb. Sybel und Sickel, Kaiserurkunden in Abb. Taf. IV, 20). Verdacht der Nachzeichnung, doch trägt die Urkunde ein zweifellos echtes Siegel (I, Taf, 17, 5), das keine Spuren etwaiger künstlicher oder nachträglicher Befestigung aufweist.
    St. 3085 (II, Taf. 56, 3). Nachzeichnung eines Originaldiploms (Inhalt verfälscht) Heinrichs V. (abgeb. Sybel und Sickel a. O. Taf. IV, 26). Die Echtheit des Siegels (Heinrich V. 2 I, Taf. 19, 2) könnte dagegen geltend gemacht werden. Vgl. S. 116. 224.
    St. 3266 (II, Taf. 56, 4. 5). Lothar III. Fälschung nach St. 3240. Kaisertitel und echtes Kaisersiegel (I, Taf. 20, 4) mit Datum aus der Königszeit. Vgl. S. 117.
    St. 4042 (Or. Pisa). Friedrich I. Angebliches Original des 14. Jahrhunderts mit Goldbulle und Rekognition: Ego Christianus canc. vic. domni Reinaldi Col. electi et It. archicanc (!). Die irrige Rekognition im Namen des italienischen Erzkanzlers erfolgte hier offenbar (aus Unkenntnis der Kanzleiordnung des 12. Jahrhunderts) nach den Vorschriften der früheren Zeit.
  4. St. 271. Otto I. Fast gleichzeitige Nachzeichnung eines Diploms von Kanzleihand, mit dem nach der Kaiserkrönung außer Gebrauch gesetzten Königssiegel Ottos I. 1 und dem Kaisertitel, der als auffallend bezeichnet werden muß. Eine Abänderung des ursprünglichen Titels durch den Schreiber der Nachzeichnung wird nicht anzunehmen sein, sondern die Urkunde wird, wie St. 286 (vgl. S. 215), erst nach Febr. 962 angefertigt sein, wobei jedoch Datierung nach der Handlung beliebt wurde. S. 215. 220. Vgl. auch Posse, Lehre von den Privaturkunden 150 Anm.
    St. 1057 (II, Taf. 54, 1–3) Otto III. mit Königssiegel. Vgl. S. 108.
    BF 4298. Heinrich (VII.). Angeblich war die Urkunde (iussimus et majestatis nostre bulle consignari) mit einer Bulle besiegelt. Die Schrift gehört, wie ein Vergleich mit anderen [226] Urkunden aus dem weingartner Archiv lehrt, den letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts an, versucht aber zu archaisieren. Die wollenen (?) Siegelfäden sind durch unregelmäßig gerissene Schnitte gezogen. Philippi a. O. 97.
    BF 734 (II, Taf. 56, 6. 7). Friedrich II. Fälschung Mitte des 15. Jahrhunderts mit echtem Siegel (I, Taf. 28, 1), das der König erst seit Juli 1215 führte. Vgl. S. 119.
    BF 1401 I (II, Taf. 57, 1. 2). Friedrich II. Fälschung des 15. Jahrhunderts mit echtem abgelösten an die Fälschung übertragenem Siegel, das der Kaiser erst nach 1225 Nov. 9. (I, Taf. 29, 3) führte. Vgl. S. 119.
    BF 2174. Friedrich II. 1236 Juni (Or. Dresden 336) mit dem Siegel (I, Taf. 29, 1), das er in den Jahren 1221–25 führte. Fälschung mit geschickter Benutzung der Minuskel und der verlängerten Buchstaben. Vgl. Philippi a. O. 85.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0226.jpg&oldid=- (Version vom 18.7.2016)