Seite:Posse Band 5 0231.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

nachahmte. Hinwider aber hat er, wenn ihm eine Vorlage nicht zur Hand war, Siegeltypen frei erfunden und nach Geschick und Wissen mehr oder weniger gut ausgeführt[1].

In einzelnen Sammlungen finden sich Abdrücke von Siegeln, deren Typen an Urkunden nicht gefunden werden und sich als Fälschungen erweisen lassen. Sie verdanken ihre Entstehung der Sucht der Sammler, möglichst verschiedene Siegel in Abdrücken zu besitzen.

Der nachweisbar älteste in moderner Zeit gefälschte Stempel (aus Messing) ist der Heinrichs III. (II, Taf. 42, 2), der sich in der smitmerischen Siegelsammlung des Haus-, Hof- und Staatsarchivs zu Wien befindet.

Ich habe bereits an anderer Stelle (Mitteil. des Inst. f. österr. Gesch. 14, 488f.) dieses Stück als Fälschung nachgewiesen und die Frage erörtert, wie der Stempel hergestellt wurde, da er zwar im allgemeinen mit dem echten Siegel (I, Taf. 14, 1) übereinstimmt, in Einzelheiten jedoch von ihm abweicht. Offenbar wurde nach diesem Siegel ein Abdruck (Positiv) hergestellt, dieser nachkorrigiert und dann in negativer Form als Stempel gegossen. Der Ziseleur hat die Buchstaben der Umschrift, sowie die Falten der Gewandung, die in der Vorlage, dem Originalwachssiegel, bereits abgestoßen waren, durch Nachhilfe mit dem Stichel wieder hervortreten lassen. Denn der Stempel ist zweifellos nicht geschnitten, sondern gegossen, weil die Gußhäute zu erkennen sind. Das originalsiegel, nach dem der Stempel hergestellt wurde, hatte sich, wie es die Natur des Materials der Wachssiegel bedingt, konvex verändert, so daß


St. 306 (II, Taf. 33, 7) Otto I. Urkunde Anfang des 13. Jahrhunderts. Siegel eine Fälschung nach Otto III. (I, Taf. 9, 6). Wibel im N. Archiv 36, 310, Anm. 1. S. 105.

St. 1484 (II, Taf. 36, 3). Heinrich II. Fälschung Ende des 12. Jahrhunderts. Nach Stumpf „das Siegel dasjenige Kaiser Heinrichs VI.“, nach Hirsch, Jahrb. 2, 118, Anm. 6 und Foltz a. O. 3, 45 „ein den Zeiten Heinrichs VI. entsprechendes Siegel“. Da die Urkunde Ende des 12. Jahrhunderts gefälscht ist, so wird auch das Siegel seine Entstehung dieser Zeit verdanken. Auf ein Siegel Heinrichs VI. als Vorlage weisen nur die emporgehobenen Hände hin. Während dieser aber in der Rechten ein Zepter hält, führt unser Heinrich II. einen bis zum Boden herabreichenden Stab mit Knopf, wie unter Heinrich III. (I, Taf. 35, 1. 2). Aus einer Kombination von Siegeln dieses Herrschers und Heinrichs VI. als Vorlage ist unser Siegel entstanden. S. 109.

St. 1770 (II, Taf. 38, 1) und St. 1797 (II, Taf. 38, 2). Heinrich II. Fälschungen 13. Jahrhundert. Siegel Nachbildung Heinrichs III. 1 ({{Posse|1|14|I, Taf. 14, 1). S. 110.

St. 2520 (II, Taf. 42, 1). Heinrich III. Fälschung kaum vor Ende des 12. oder wohl erst 13. Jahrhunderts. Siegel Nachahmung Heinrichs V. (I, Taf. 19, 2). S. 114.

St. 2892 (II, Taf. 43, 4); St. 2898 (II, Taf. 43, 5); St. 2967 (II, Taf. 44, 3), St. 3074 (II, Taf. 45, 3); St. 3075 (II, Taf. 45, 4); St. 3096 (II, Taf. 46, 3). Heinrich IV. Fälschungen c. 1227; St. 3118 (II, Taf. 46, 4). Heinrich V. Fälschung c. 1227. Der Stempel ist nach einem Siegel Heinrichs V. 2 (I, Taf. 19, 2) gearbeitet. S. 115. 116.

St. 3014 und 3015 (II, Taf. 45, 1). Heinrich V. Fälschung c. 1116. Nachahmung von Heinrich V. 1 (I, Taf. 19, 1). S. 111. 116.

MR 166 (162) (II, Taf. 29, 4). Karl der Große. Fälschung der späteren Zeit des 12. Jahrhunderts, vielleicht über dessen Wende hinaus. Siegel wohl in Anlehnung an das Siegel Heinrichs III. (I, Taf. 15, 2). Vgl. S. 100.

  1. MR 387 (380) (II, Taf. 29, 7). Karl der Große. Fälschung etwa des 10. Jahrhunderts. Siegel nach einem Ottonischen Siegel modelliert. S. 100.
    MR 438 (430) (II, Taf. 30, 3). Karl der Große; MR 1059 (1024) (II, Taf. 31, 1). Lothar I.; MR 1318 (1283) (II, Taf. 31, 2). Lothar II. Die Siegel sind freierfundene Typen an Fälschungen. – Der Fälscher (11. Jahrhundert) von MR 508 (II, Taf 30, 4), Karl der Große, hat sich gar nicht bemüht, ein Siegel anzufertigen, er hat zwei ruhende Löwen auf das Pergament gemalt. S. 99. 101. 103.
    MR 1420 (1379) (II, Taf. 31, 4) Ludwig der Deutsche. Fälschung 12. Jahrhundert. Phantasiesiegel. S. 103. – MR 1579 (1537) (II, Taf. 32, 1). Karl III. Angebliches Original 10. Jahrhundert. Falsches Siegel. S. 103. – MR 1691 (1646) (II, Taf. 32, 5). Karl III. Interpolation. Unechtes Siegel. S. 104. – MR 1850 (1801) (II, Taf. 32, 7). Arnulf. Fälschung zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts auf Grund von MR 1444 (1403). Falsches Siegel. S. 104. – MR 1942 (1891) (II, Taf. 32, 9). Arnulf. Fälschung 10 Jahrhundert. Siegel unecht. S. 100. 104.
    St. 264 (II, Taf. 33, 6). Otto I. Fälschung Ende 11. Jahrhunderts. Siegel frei erfunden. Vgl. S. 105.
    St. 347 (II, Taf. 34, 2). Otto I. Fälschung 12. Jahrhundert. Vgl. S. 105.
    St. 510. Otto I. Die Urkunde ist nur in notarieller Abschrift von 1313 eines Transsumptes von 1172 Nov. 18 (Mon. Germ. Dipl. 1, 663) bekannt. Die Fälschung ist in den Jahren 1153–72 entstanden. Im Notariatsinstrument wird die Bleibulle beschrieben: der Kaiser sitzend auf dem Throne, in der Hand einen Lilienstengel oder Zepter haltend. Revers: Otto dei gratia Romanorum semper augustus. Bild des Thrones und Titel sind für diese Zeit ganz unmöglich. N. Archiv 3, 34.
    St. 523 (II, Taf. 34, 4). Otto I. Fälschung 12. Jahrhundert. Ein beliebiges Brustbild. Vgl. S. 106.
    St. 933. Otto III. Fälschung Ende 12. Jahrhundert. Siegel verloren. Der Abdruck desselben auf dem Pergament (II, Taf. 35, 2) läßt eine auf dem Throne sitzende Figur erkennen, ist jedoch für ein ottonisches Siegel zu groß. Vgl. S. 107.
    St. 1012 (II, Taf. 35, 6). Otto III. Fälschung 11. oder Anfang 12. Jahrhundert. Verrät kaum das Bestreben, den Eindruck eines ottonischen Originals machen zu wollen. Siegel Nachahmung von Otto I. 6 (I, Taf. 7, 6) oder Otto II. 5 (I, Taf. 8, 5). S. 107.
    St. 1143 (II, Taf. 35, 8). Urkunde Ottos III. Grobe Fälschung des 12. Jahrhunderts. Siegel plumpe Fälschung, die anscheinend nicht einmal eine Umschrift hatte. Vgl. S. 108.
    St. 2117 (IV, Taf. 79, 3. 4). Urkunde Konrads II. aus dem Ende des 12. Jahrhunderts in Diplomform (Mon. Germ. DD 290). Fälschung. Vorlage für das Siegel das Lothars III. an St. 3295. Vgl. S. 111.
    St. 2264 (II, Taf.40, 3). Heinrich III. Fälschung c. 1116. Plumpe Nachbildung. Vgl. S. 111. 112.
    St. 2682 (IV, Taf. 81, 2). Heinrich IV. Fälschung des beginnenden 12. Jahrhunderts mit falschem Siegel, Nachahmung eines Lotharsiegels. Vgl. S. 115.
    St. 2749 (II, Taf. 42, 4). Heinrich IV. Fälschung 12. Jahrhundert. Grobgefälschtes Siegel an Pergamentstreifen hängend. Vgl. S. 115.
    St. 2941 (IV, Taf. 81, 3). Heinrich IV. Fälschung aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunders. Nachahmung eines Siegels Lothars III. Vgl. S. 116.
    St. 3032 (IV, Taf. 81, 6). Heinrich V. Fälschung Mitte des 12. Jahrhunderts mit grobgefälschtem Siegel. Vgl. S. 110. 116.
    St. 3166 (II, Taf. 47, 2). Heinrich V. Plumpe Siegelfälschung 13. Jahrhundert. Vgl. S. 110. 117.
    St. 3533. Welcher Art das Siegel dieser im 12. Jahrhundert gefälschten Urkunde Konrads III. für die Kanoniker zu Verona gewesen ist, läßt sich nicht mehr feststellen, da es nach Mitteilung von D. Antonio Spagnolo wahrscheinlich infolge der Wassersnot 1882 verloren gegangen ist. Vgl. Breßlau, Urkundenlehre 1, 375 Anm. 2.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0231.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)