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Marie Petersen: Prinzessin Ilse

Den Teufel und die Hexen hat die kleine Ilse zu fürchten verlernt, wo sie, geborgen im Schatten des Ilsensteins, dahin gleitet. Sie wagt es sogar, Prinzessin Kochwasser zu spielen, und wenn die Sommergäste des Thals, bei der Moosbank unter dem Ilsenstein, Kaffe kochen wollen, so steigt sie ohne Scheu zu ihnen hinauf in das schwankende Kesselchen, läßt das Kaffemütterchen alle Ehre davon tragen, nimmt kein Verdienst und kein Lob für sich in Anspruch, und verlangt als einzigen Lohn, daß die Menschen, denen der hohe Genuß geworden, Kaffe, mit Ilsewasser bereitet, zu trinken, für’s Feldmäuschen ein Stipendium auf Zuckerbrot stiften. Das Feldmäuschen wohnt in den Steinritzen der Moosbank, und stammt in gerader Linie von jenem Feldmäuschen, das vom Brocken herab den Gang gegraben, durch welchen Prinzessin Ilse in grauer Urzeit in’s Thal entfloh. Nicht jeder Kaffegesellschaft wird freilich die Ehre zu Theil werden, das spitze Köpfchen und die hellen Aeuglein des zierlichen Thierchens aus dem Moospolster auftauchen zu sehen; denn das Mäuschen ist wählerisch im Umgang und schüchtern, wie sein Geschlecht. Wer es aber zu sehen bekommt, der ist verpflichtet, „beim Zorn der Ilse“, es zu füttern mit Zuckerbrot, oder was sonst gerade Menschen zum Kaffe und Mäuschen in Felsritzen zu knabbern lieben.

Ein solcher Vertrag ist abgeschlossen worden an einem schönen Augusttage im Jahre des Herrn 1851, und liegt verbrieft und versiegelt unter dem Ilsenstein und in den Harzerinnerungen der Kaffegesellschaft, die an jenen Tage das Feldmäuschen gefüttert hat.

Das Märchen weiß hier Nichts weiter zu berichten; es hat sich tief eingenistet in dem grünen Felsenthal und verspürt keine Lust, der kleinen Ilse noch weiter

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Marie Petersen: Prinzessin Ilse. Alexander Duncker, Berlin 1857, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prinzessin_Ilse_(Marie_Petersen).pdf/49&oldid=- (Version vom 1.8.2018)