Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 034.jpg

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weißen die Kleider wegnehmen und sich damit verstecken. Wenn sie dann aus dem Bade käme und fände ihre Kleider nicht, so würde sie anfangen zu fluchen und zu drohen, er aber solle sich nicht daran kehren, sondern ruhig sitzen bleiben. Bald darauf würde sie freundlich werden und bitten und flehen, und sagen: sie wolle Dem, der ihre Kleider wiederbrächte, gut thun. Dann, aber früher nicht, solle er sie hingeben, denn dann würde sie ihm, wie sie versprochen hätte, auch helfen.

Er ging nun fort und traf Alles so, wie die alte Frau gesagt hatte. Zuerst hörte der Weg auf, da warf er die Pantoffeln hinter sich und da hatte er wieder drei Wege vor sich. Da ging er den, der links führte und kam auch an den Teich, wo drei Jungfern, zwei schwarze und eine weiße, badeten. Ihre Kleider lagen alle in der Reihefolge am Ufer, in der sie im Wasser schwammen. Er versteckte sich im Schilf und stahl der weißen die Kleider. Wie sie nun aus dem Wasser stiegen und die weiße ihre Kleider nicht fand, fing sie fürchterlich an zu fluchen und zu drohen, aber er kehrte sich nicht daran, sondern blieb ruhig sitzen. Wie die Weiße nun sah, daß Fluchen nichts half, legte sie sich aufs Bitten und bat und versprach Dem, der ihre Kleider wiederbrächte, sie wolle ihm auch helfen. Da gab der Königssohn die Kleider heraus und sie nahm ihn mit in ihres Vaters Haus. Der Vater war aber ein Zauberer und derselbe, der mit dem Königssohne in dem Wirthshause Karten gespielt hatte. Nun gab ihm die Weiße ein ganz anderes Aussehen (denn sie konnte auch zaubern), sodaß der Vater ihn nicht erkannte, und sagte zu ihm: er solle bei ihrem Vater um sie anhalten. Dann würde er sagen: „Ja, er müsse aber ein Jahr treu bei ihm dienen, dann könne er sich eine unter seinen Töchtern wählen.“ Es geschah auch Alles, wie die Weiße gesagt hatte, und er diente ein Jahr bei dem Zauberer.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_034.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)