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12. Die sieben Frauenbilder und der König der Todten.


Es war einmal ein König, der hatte noch nicht lange regiert, da kam in der Nacht eine Erscheinung an sein Bett und redete ihm zu, daß er aufstehen und ihr nachfolgen solle. Er aber blieb ruhig liegen. Die Erscheinung kommt in der nächsten Nacht wieder, er erhebt sich auch jetzt nicht von seinem Lager und so kommt sie auch in der dritten Nacht. Da ist der junge König schon munter, als sie kommt, denn er hat der Sache nachgedacht und ist entschlossen, ihr zu folgen. Wie der König sich ankleidet, spricht sie: Er solle auch Hacke und Geschirr mitnehmen, denn er müsse an einem großen freien Platze etwas aufroden.

Der König sucht in seinem Schlosse das Geschirr, nimmt es über die Schulter und folgt der Erscheinung. Die führt ihn auf einen großen freien Platz und weist ihn an, dort aufzuroden. Der junge König, der sehr stark gewesen ist, beginnt mächtig mit Hacke und Schaufel zu arbeiten, und in großen Tropfen rinnt ihm der Schweiß von der Stirn. Endlich stößt er auf große Eichenbohlen, die er nicht heben kann, und da blickt er zum ersten Mal von seiner Arbeit auf, um die Erscheinung zu fragen, was er nun thun soll, aber die ist verschwunden.

Darauf geht der König in tiefen Gedanken aufs Schloß zurück und schickt zu dem alten treuen Diener seines Vaters. Der war nach dem Tode des alten Königs in die Stadt herunter gezogen und da lebte er behaglich von dem Gelde, das ihm ausgesetzt war, wie nun so ein alter treuer Diener auf seine letzten Tage von seinem Gnadengehalte lebt. Der

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_050.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)