Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 112.jpg

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würde, und singt immerfort von einem Riesen, den er überwinden, von einem schönen Rosse und einem schönen Weibe, das er gewinnen würde.

In kurzer Zeit rückt nun der Türke an, der will mit den Franzosen Krieg führen. Der Türke hat aber dazumal drei wunderbare und auch kostbare Dinge bei sich geführt. Das eine war ein gar prächtiges Stutenroß und das andere die Tochter des Sultans, die so schön war, wie die Franzosen noch kein Frauenzimmer gesehen hatten. Das dritte endlich war eine Riese, der berühmte sich und that gar gewaltig groß und schickte einen Brief aus dem Lager in die Stadt und fragte an, wer es sich unterstände mit ihm zu fechten. Der König selbst fragt seine Ritterschaft: wer die Kühnheit hätte mit dem Riesen zu kämpfen. Es war aber keiner unter ihnen, der es sich unterstand, weil Allen im Kampfe mit dem Riesen sicherer Tod zu drohen schien. Indeß sattelte Clemens' Pflegesohn sein Roß, und wenn das auch noch lange nicht so schön war als das Roß des türkischen Sultans, so erschien er doch darauf als ein tadelloser Ritter. Einen verrosteten Harnisch hatte er angezogen und einen alten Degen umgethan, der in der Rumpelkammer bei seinem Pflegevater stand, und rief den Riesen unverzagt zum Kampfe heraus. Verwundert stand der König von Frankreich mit seinen Rittern auf der Stadtmauer und sah dem Kampfe des Jünglings mit dem Riesen zu.

Plötzlich hieb der Riese Clemens' Pflegesohn das Pferd nieder. Da sprang er rasch wieder auf und hackte dem Riesen zuerst einen Arm, darauf aber den Kopf ab. Den hielt er an den Haaren fest und lief damit zur Stadt. Der Pförtner mußte rasch das Thor hinter ihm zuschlagen, weil die Türken ihn so eifrig verfolgten, er aber gelangte glücklich mit dem Kopfe des Riesen in die Stadt

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_112.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)