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33. Der Bäckerlehrling.


Es war einmal ein dreister Bäckerlehrling, den wollten die Bäckermeister zu fürchten machen, schickten ihn in der Nacht, als sie einmal beisammen waren, noch nach Bier aus und lauerten ihm dann am Wege auf, ihn zu erschrecken. Er aber schlug den einen Bäckermeister mit der Bierkanne auf den Kopf, daß er todt am Wege liegen blieb. Da mußte der Bäckerlehrling am andern Morgen aus der Stadt entfliehen und als er eine Strecke weit gegangen war, gelangte er in ein Gewölbe, wo er zu übernachten beschloß. Als es gegen elf Uhr hin kam, wurde aus dem Gewölbe eine lange Kegelbahn; auch traten elf Männer herein und fingen an zu kegeln, der Bäckerlehrling aber setzte ihnen die Kegel auf. Um zwölf Uhr war Alles verschwunden, der Lehrling aber ärgerte sich, daß er kein Geld fürs Kegelaufsetzen bekommen hatte. Er blieb den Tag über in dem Gewölbe, und am nächsten Abende ging wieder Alles so, wie das erste Mal: der Bäckerlehrling stellte wiederum den elf Männern die Kegel auf und bekam abermals kein Geld dafür. Er blieb nun auch noch den folgenden Tag dort im Gewölbe, und aus dem wurde Abends um elf Uhr wieder eine Kegelbahn. Diesmal aber wollte er sich mit der Bezahlung besser vorsehen, darum ergriff er um drei Viertel auf zwölf Uhr den König aus der Mitte der Kegel, lief damit hinauf zu den elf Männern und wollte seine Bezahlung haben. Alle schauten ihn starr an und Niemand vermochte ihm zu antworten. Da schlug er sie mit dem Kegelkönig Alle zum Gewölbe hinaus, schlief die Nacht ruhig darin und setzte den andern Morgen seine Reise fort, nahm aber den Kegelkönig unter dem Arme mit.

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_115.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)