Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 141.jpg

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manchmal Dinge gemacht hatte, über die sein Weib in ihrem keuschen, schlichten und nüchternen Sinne sich sehr verwundern mußte, so geht sie doch in den Wald, wo er ihr den Busch, der an einem Kreuzwege war, genau bezeichnet hat. Da begegnet ihr aber ihr Bruder, der war der Jäger bei dem Grafen auf dem Schlosse und fragte, was sie im Walde thun wolle. Er verwunderte sich sehr, weil sie sagte, daß ihres Mannes Rock am Busche hinge, den solle sie holen, und folgte ihr von weitem nach und gab Achtung, ob sich da wol nichts begeben würde. Wie sie nun aber nach ihres Mannes Rock griff, da sprangen auf einmal die Räuber hinter dem Busche hervor. Zum Unglück hatte der Jäger all sein Pulver auf ein Reh verschossen, das ihm an dem Tage so oft in die Quere gekommen war; aber er hetzte alle seine Hunde auf die Räuber, und wie sie auch ihn selbst sahen, da entflohen sie eiligst.

Der Jäger aber nahm seine Schwester nun mit auf das Grafenschloß, und da jammerte es ihrer die junge Gräfin und den Grafen, und weil die Schwester des Jägers von ihrem Manne schwanger war, so durfte sie dort heimlich ihr Wochenbett halten und genas zweier wunderschönen Knaben. Und weil die Gräfin ihre Freude an den schönen Kindern hatte und der Graf den Rabenvater strafen wollte, so gab der ein großes Fest, und dazu lud er auch den Mann der Frau ein. Der hatte gesagt, seine Frau habe sich im Walde erhängt und war von dem Gelde der Räuber ein reicher Herr geworden und gar stolz und vornehm, und hielt mit lauter Baronen Umgang. Als ihm aber nun der Wein schon etwas zu Kopfe gestiegen war, da fragte ihn der Graf: was wol der Mann an seiner Frau und seinen Kindern verdiente, der so und so an ihr handelte. Und da spricht er sich in der Betrunkenheit selbst sein Urtheil und sagt: ein solcher Mann müßte in den Rauch gehängt

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_141.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)