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59. Burgemeister Ochs.


Es ist ein Bauer gewesen, der hat einen Ochsen gehabt. So hat er den ein paar Jahre gefüttert, da denkt er, du sollst den Dingerich vor die Blase bringen lassen, daß er fett wird und geschlachtet werden kann. Wie er mit dem Ochsen durch die Stadt geht, stehen drei Studenten vor dem Collegienhause, die sprechen: „Bauer, wo willst du mit dem Ochsen hin?“ Sagt er, den wolle er vor die Blase bringen. Sagen die, das sei aber schade um dies Thier, dem könnte doch was gelehrt werden. Ja, sagt er, wenn sie ihm nur etwas beibringen könnten, so wollte er ihn gern hier lassen; Kops hätte sein Ochse, das wüßte er. Sagen die Studenten: wenn er nur dafür bezahlen wollte, lehren wollten sie ihm schon etwas, der sollte der erste Mann in der Stadt werden. Er solle ihn nur hereinbringen in das Collegienhaus. Wie er ihn hereingebracht hat, fragt er, was sie dafür haben wollten, daß sie den Ochsen so gelehrt machten. Antworten die, er gäbe die Woche einen Gulden und jeden Tag einen Himpten Frucht. Ja, sagt er, das wollte er gern geben, sie sollten nur machen, daß sein Ochs ein angestellter Mann würde hier in der Stadt. Sie erwidern, in vierzehn Tagen möcht' er einmal wiederkommen, da sollt' er sehen, was es schon für ein Mann wäre. Ein paar Tage vorher, ehe die vierzehn Tage um sind, lassen die Studenten den Ochsen hungern. Wie sie meinen, daß der Bauer kommt, nehmen sie ein Buch und legen zwischen jedes Blatt ein paar Spierchen Hafer. Nun kommt der Bauer an. Na, spricht er, wie es denn mit seinem Ochsen ständ', ob er denn gut gelernt hätte. Ja, sagen die Studenten, das wäre ein Kerl,

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_173.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)