Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 175.jpg

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Ochs von jeher gewesen. Die Studenten entgegnen, er bezahle nun noch zehn Thaler drauf nach, daß sie seinen Ochsen bis zum Burgemeister gebracht hätten. Und der Bauer erlegt richtig die zehn Thaler und sagt: na, nun müßte er ihn doch aber auch einmal besuchen, den alten Ochsen.

Wie er hinkommt nach dem Hause des Burgemeister Ochs, liegt der noch in den Federn, wiewol es bald Mittag gewesen ist. Also fragt mein Bauer die Magd, ob denn der Herr Burgemeister noch nicht auf sei. Sie sagt, er würde nun bald aufstehen, er möge ein klein wenig warten. Dauert nicht lange, so steht der Burgemeister Ochs auf, und da kommt er auch richtig an und sagt zu dem Bauer: guten Morgen.

Guten Morgen, alter Ochse, spricht der Bauer.

He, spricht der Burgemeister, was er denn wollte.

He, spricht er, ob er ihn denn nicht mehr kennte, er hätte ihm so lange Gutes gethan. Damals hätte er freilich so lange noch nicht geschlafen als jetzt, sondern wäre vor dem Kuhhirten aufgewesen.

Na, spricht der Burgemeister, ob er nicht gescheit sei. Der Bauer sagt: Alter Ochse, du willst mich nur nicht mehr kennen, und ich habe doch so viel Geld an dich gewandt, daß du ein angestellter Mann geworden bist.

Da droht der Burgemeister mit Prison und der Bauer sagt: Da sähe man's, er hätte die Gutthat ganz vergessen, klopft ihm immer auf die Schulter und sagt:

„Ole Osse! ole Blesse!“[1]

Was will der Burgemeister thun? Mein Bauer läßt sich nicht davon abbringen, er muß ihn in Arrest setzen. Wie er in Arrest sitzt, erkundigt sich der Burgemeister, und da löst sich das Räthsel auf, daß die drei Studenten das


  1. Alter Ochse! Alter Blesse!
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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_175.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)