Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 190.jpg

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Rathsherren, von denen einige noch ganz rothbäckig und jugendlich aussahen, deine Töchter; waren das auch nicht dieselben Rathsherren mehr und war auch nur der Herr Bürgermeister noch der alte, so hatten sie doch Alle bei irgend einer Gelegenheit auf dem Rathhause unter dem Siegel der Amtsverschwiegenheit erfahren, wie der Kaufmann um sein Vermögen gekommen war, und so war es so gut als wäre es noch ganz der alte hochwohlweise Rath, der einst bei der Wette des Kaufmanns und des Gastwirthes im Rathskeller zugegen gewesen war.

Der Gastwirth sprang sogleich aus dem Hause und half ihnen aus dem Wagen, wobei er den wohllöblichen Magistrat der Stadt natürlich in der Dunkelheit nicht erkannte. Noch war der jüngste von den Rathsherren, der die jüngste Tochter des Obersten vorstellte, nicht aus dem Wagen heraus, da kam schon der Oberst langsam die Stufen heruntergestiegen und bot dem Herrn Bürgermeister so fein den Arm, wie nur jemals ein solcher Offizier seiner Gemahlin den Arm geboten hat, ja der König selbst hätte es mit seiner Königin nicht besser machen können. Auf dem Zimmer des Obersten saßen die Rathsherren und der Bürgermeister hinter Lichtschirmen, und da konnte der Gastwirth sie auch nicht erkennen, als er hereintrat.

So fing er denn bald an seine lustigen Geschichten zu erzählen, und wiewol er sich vor der Frau und den Töchtern des Obersten, die so schweigsam dasaßen, anfangs etwas genirte, so wußte ihn doch der Oberst gar bald gesprächig zu machen, und da fing er denn von selbst wieder an, die Geschichte von dem Kaufmann zu erzählen. Diesmal stellte sich der Oberst, als traue er dem Gastwirth nicht zu, daß er einen so schlauen Anschlag wirklich durchgeführt hätte, sondern als hielte er es für ein Märchen, das der Gastwirth sich ausgedacht habe. Da bringt der Gastwirth den Ring,

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_190.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)