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Schuhmacher aßen tüchtig, der Schneider aber war so bang und saß immer unter dem Tische (wohin ein Schneider nach dem Sprichwort gehört) und zitterte. Da aß der Tischler des Schneiders Teller mit leer und trank auch seinen Wein mit aus. Darauf legten der Tischler und der Schuhmacher sich in zwei der Betten.

Als sie eine Weile gelegen hatten, kamen drei Bären, die riefen suchend: „Ach, unsre Speise! ach, unser Trank!“ Der eine Bär guckte in das eine Bett, da lag der Tischler darin. Der andere Bär sah in’s zweite Bett, da lag der Schuhmacher darin. Da sah der dritte in’s dritte Bett, und als Niemand darin lag, warf er den Schneider hinein, denn es war gar kalt und die Bären froren sehr und die drei Brüder sollten ihnen die Betten wärmen. Nach einiger Zeit legten sich die Bären noch zu den drei Brüdern in’s Bett, und wie der Schneider sich auch fürchtete, so mußten sie doch aushalten die ganze Nacht.

Am andern Morgen brachten die drei Bären drei Beutel voll Geld, drei Karten und drei Hüte herbei, davon sollte jeder der drei Brüder etwas wählen. Da nahm der Schuhmacher und der Schneider, welcher jetzt mehr Muth hatte als zuvor, so viel, daß für den Tischler nichts weiter übrig blieb als eine Karte und ein alter dreieckiger Hut, aber kein Beutel mit Geld, denn der Schneider hatte gesagt: „Du hast gestern meine Speise und meinen Wein genossen, dafür mußt Du mir heute Deinen Beutel mit Geld lassen,“ und darein willigte der Tischler. Es begab sich aber, daß der Schneider und der Schuhmacher, die mit einander gingen, unter eine Räuberbande fielen. Da wurde ihnen das Geld abgenommen

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/113&oldid=- (Version vom 1.8.2018)