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29. Johannes der Bär.

Ein Schmied hatte ein Stück Land im Besitz, das mußte ihm seine arme Frau, die krank und schwach war, bebauen. Einst gebar sie einen Sohn, den band er ihr nach dreien Tagen schon auf dem Rücken fest und trieb sie hinaus auf’s Feld, daß sie wieder arbeiten sollte. Die Frau weinte, aber er prügelte sie und so ging sie weinend fort, doch nicht auf das Feld, sondern in einen dichten Wald, um ihrem bösen Manne zu entfliehen. Dort setzte sie den Knaben unter einen Baum und suchte in der Nähe Reisig, um sich ein Feuer anzuzünden. Unterdessen kam eine Bärin, da ward ihr angst und lief davon. Als sie aber sah, daß die Bärin gerade auf den Knaben losging, ihn in die Schnauze nahm und mit ihm fortlief, dachte sie: wo mein Kind bleibt, da will ich auch bleiben, ging der Bärin nach und folgte ihr bis an ein tiefes Loch, und da sie hinein ging, folgte sie ihnen auch in die Höhle nach. Als aber der Knabe schrie und sie meinte, daß sie ihm die Brust geben wollte, legte es die Bärin schon an ihre Zitzen und säugte es mit Bärenmilch. Am andern Tage ging die Bärin aus, legte aber von außen einen dicken Stein auf das Loch, so daß Niemand hinaus konnte. Nach einiger Zeit kam sie zurück und hatte ein großes Stück Fleisch in der Schnauze, das schlug sie immer gegen eine Klippe, bis es schön weich und mürbe war, und gab es dann der Frau, die es verzehrte. Also ernährte die Bärin fünf Jahre lang den Knaben und die Frau mit Bärenmilch und mit Fleisch. Die Mutter aber gab ihrem Knaben den Namen: Johannes der

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/128&oldid=- (Version vom 1.8.2018)