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könnten. Das ward ihnen gewährt und sie bestellten so viel Glühwein, als sechs Männer trinken können, und jeder Frachtfuhrmann verlangte zwei Betten und sagte, das sei darum, daß Jeder ein ganzes Bett unter sich und eins auf sich legen könnte, weil sie frören.

Während das Alles so bereitet wurde, ging der Bauer einmal auf dem Hofe seiner Tochter umher, und als er an den ersten Wagen kam, rief eine Stimme aus dem großen Fasse: „Ist’s Zeit?“ und ebenso rief es aus der zweiten und dritten Tonne. Der Bauer aber erkannte sogleich, daß das die Stimmen der drei Goldmänner waren, welche sich zuvor in die drei überflüssigen Betten legen und an dem Glühwein erwärmen wollten, um dann in der Nacht aufzustehen und seine Tochter und, wenn es sein könnte, ihn selbst zu ermorden. Darum antwortete er mit verstellter Stimme: „Ja, freilich ist’s Zeit,“ half zuerst dem Obersten aus der Tonne und führte ihn im Dunkeln nach der Kammer, dann den zweiten und endlich den dritten. Die Goldmänner glaubten, daß dies die Fuhrleute thäten, aber die saßen noch ruhig drunten in der Wirthsstube. Zuletzt ging einer von ihnen zu den drei Wagen und wollte die Männer aus den Tonnen herauslassen; aber weil er sie nicht mehr darin fand, so meinte er, daß einer der andern Fuhrleute sie schon auf die Kammer geführt hätte. Zuletzt lagen alle sechs Männer in ihren Betten, sprachen aber aus Furcht nicht mit einander, sondern tranken blos Glühwein und schliefen endlich fest ein in der Hoffnung, daß die drei Fuhrleute, welche zu jeder Stunde aufwachten, wie sie es sich vornahmen, die Goldmänner zur rechten Zeit wecken würden.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/147&oldid=- (Version vom 1.8.2018)