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und jagte nach dem Schlosse. Er klopfte höflich an die Thür im Schlosse und sagte zum Könige: „Gib mir das rechte Kind.“ Da schickte der König hin und ließ des Schweinehirten Tochter holen, zog ihr noch viele schöne Kleider an und sagte zum Löwen: „Nun hast Du die Rechte.“ „Setze Dich auf meinen Schwanz,“ sprach der Löwe zu ihr, und lief so dem Walde zu. Im Walde sagte er: „Steig ab,“ und nach einer Weile sprach er: „Sage mir, wie es an der Zeit ist.“ Das Mädchen sprach: „Es ist nun die Zeit, daß mein Vater mit den Schweinen in der Ruhe liegt.“ Da merkte der Löwe, daß er abermals betrogen war und sprach: „Mein Kind, Du bist die Rechte nicht, setze Dich auf meinen Schwanz.“ Da setzte sich das Mädchen auf und der Löwe rannte davon. Im Schloßhofe brüllte er so fürchterlich, daß Alles zitterte. Der König aber kam ängstlich herbei und fragte: „Was fehlt Dir denn, lieber Löwe?“ Der sagte: „Du hast mich wieder betrogen und die Rechte nicht hergegeben, gibst Du mir nun nicht das rechte Kind, so mußt Du sterben.“ Da wurde der König bange und holte seine jüngste Tochter herbei, und gab sie dem Löwen. Das Mädchen mußte sich auf den Schwanz des Löwen setzen und so rannte er fort. Im Walde sagte der Löwe: „Steig ab,“ und nach einer Weile fragte er, wie es an der Zeit sei. Da sprach das Mädchen: „Es ist nun die Zeit, daß mein Vater und meine Mutter am Tische sitzen und essen mit goldenen Messern und Gabeln.“ Da freute sich der Löwe, daß er die Rechte hatte, und sagte: „Nun steig auf, mein Kind.“ Das Mädchen stieg wieder auf und der Löwe lief mit ihr weit, weit hin.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)