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Nacht so dastand, stieg die todte Königstochter aus ihrem Sarge und sprach mit dumpfer Stimme:

Wache, Wache, Ronde raus!
Wache, Wache, Ronde raus!

Da trat die Wache voll Ehrerbietung vor und rief: Hier! Weil er aber gesprochen hatte, so mußte die todte Königstochter ihm den Hals umdrehen, denn also lautete der Zauber, den eine böse Frau über das Mägdlein ausgesprochen hatte.

Am andern Abend ward wieder ein schmucker junger Soldat neben den kostbaren Sarg der Königstochter gestellt und wiederum erschien sie in der Nacht und rief mit dumpfer Stimme:

Wache, Wache, Ronde raus!
Wache, Wache, Ronde raus!

Sogleich trat der Soldat vor und rief ehrerbietig: Hier! Da mußte die Königstochter ihm den Hals umdrehen.

Und so geschah es auch in der dritten Nacht, daß die Königstochter aus dem Sarge stieg und rief:

Wache, Wache, Ronde raus!
Wache, Wache, Ronde raus!

Als darauf der dritte Soldat vortrat und antwortete, mußte sie ihm abermals den Hals umdrehen.

In der vierten Nacht ward ein schmucker, blutjunger Rekrut neben den Sarg der Königstochter gestellt. Als der eine Zeit dagestanden hatte, fing ihn an zu grauen und er lief mit Sack und Pack davon. „Wohin?“ redete ihn eine Frau auf dem Kirchhofe an, die auch eine Zauberin war, er aber erzählte ihr, was mit den drei Soldaten geschehen sei und daß heute Nacht die Königstochter

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/59&oldid=- (Version vom 1.8.2018)