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that aber das Schwein nicht, sondern machte mit dem Zaunigel Brüderschaft und gab ihm zu fressen von dem, was man ihm selber gebracht hatte. Am andern Morgen, als die Mutter des Zaunigels das Schweinsfutter brachte, rückte der vor und verlangte sein Erbtheil. Die Mutter fragte ihn, was er haben wolle, und er verlangte die Sau mit den Ferken, die ihm auch gegeben ward. Nun zog er mit seiner Compagnie in ein dickes fettes Holz, und hütete da die Ferken jeden Tag in der Eichelmast, so daß sie in kurzer Zeit fett wurden. In diesem Holze aber haben drei Könige gewohnt, und hat jeder König eine stattliche Tochter gehabt.

Eines Tages ging der eine König in dem Holze spazieren und kam an eine grüne Laube, die der Zaunigel geflochten hatte, setzte sich hinein und frühstückte; als er aber aufstand, sah er, daß er sich verloren hatte und den rechten Weg nicht wieder finden konnte. Da kam er an die Schweine und rief immer fort: Wo mag denn wohl der Hirte sein, wo mag denn wohl der Hirte sein? „Das bin ich! das bin ich!“ schrie der Zaunigel. „Du?“ sagte der König, „wie kannst denn Du der Hirte sein, da Du ein Zaunigel bist?“ Er klagte aber dem Zaunigel doch, daß er sich verloren und der sprach: „Ich will Eure königliche Majestät auf den rechten Weg bringen, aber ich muß Dero Tochter haben.“ Da gelobte der König seine Tochter an, der Zaunigel wies ihn zurecht und der König ging nach Haus.

Den andern Tag kam der zweite König an, frühstückte auch in der Laube und wußte nachher den Weg nicht wieder zu finden. Da kam er an die Schweinetrift und rief auch: Wo mag denn wohl der Hirte sein?

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)