Im Dome zu Magdeburg klangen laut die Glocken. Kaiser Otto der Große, Heinrich des Finklers mächtigerer Sohn, hatte dies herrliche Kunstwerk am Elbstrome erbaut. Heute sollte es eingeweiht werden. Nicht Opfer wollte der Kaiser an diesem Tage darbringen, wie sonst wohl noch die Sitte war. Nein, mit Stolz, als erwartete er selber Dank von Gott, ging heute Otto zur Kirche.
„Herr mein Gott“, sprach er, „nun haben wir Dir Opfer genug dargebracht. Schon mein Vater kämpfte gegen die heidnischen Wenden. Ich habe die Bistümer gestiftet in ihrem Lande, wo Dein Lob gesungen wird vor allen Altären. Auch die Ungarn habe ich besiegt am Lech, daß sie hinfort das Reich müssen meiden, in welches sie so viele räuberische Einfälle gemacht hatten. Bis in ihr Land habe ich sie von meinen Heeren verfolgen lassen. Die Schätze, welche sie zuvor aus Deutschland hinweg getragen hatten, wurden in Ungarland hinter Wällen und Erdringen geborgen gefunden. Meine Diener brachten sie zurück und legten mir viele Tonnen Goldes zu Füßen. Davon, o Herr, habe ich Dir noch diesen Dom im Sachsenlande erbaut. Zu ihm sollen die Wenden über die Elbe herüber kommen, um hier die Messe zu hören. Der Erzbischof von Magdeburg ist über viele Fürsten gestellt. Manches Fürstenkind sitzt als Chorherr zu
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/229&oldid=- (Version vom 1.8.2018)