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und munter. Herrlich war es! Ich hatte eine gute Strecke zurückgelegt, zwar nichts geschossen, nicht einmal ein Wild gesehen, war aber dennoch mit meinem Spaziergang zufrieden.

Ich ging und trällerte vor mich hin! Ich trat schon aus dem Walde heraus, als ich einigen Durst fühlte: von Hause war ich gleich nach dem Mittag weggegangen, und während des ganzen heißen Tages war ich umhergestreift ohne eine Erfrischung.

Ich trat gerade an das einsame Gehöft eines Zinsbauern heran, eines schlichten Mannes, der am Waldessaum ein Stückchen Land in langjährige Pacht genommen und sich dort angebaut hatte. Den alten Baidisch, den Besitzer dieses Höfchens, kannte ich ganz gut, auf meinen Jagdzügen während der Ferien hatte ich seine Hütte schon häufig aufgesucht.

So schritt ich auch jetzt auf das Gehöft des Baidisch rüstig zu, um dort um einen Trunk Wasser zu bitten. Ich stieg über den Zaun und näherte mich dem Gehöft von hinten. Längs einem Wirthschaftsgebäude einhergehend, traf ich plötzlich den Wirth selbst nebst seinem Sohne; sie standen beide hinter einer Ecke hart an der Wand des Gebäudes und unterhielten sich über irgend etwas leise. Auf dem weichen Rasen gehend, war ich an die Beiden so unerwartet herangetreten, daß sie meiner erst gewahr wurden, als ich schon dicht vor ihnen stand. Der junge Baidisch zuckte sogar vor Ueberraschung zusammen und antwortete auf meinen Gruß etwas zerstreut. Ich beachtete seine Verlegenheit nicht besonders und sagte sogar lachend:

„Aha, hab’ ich Euch erschreckt?“

„Wieso erschreckt?“ antwortete der alte Baidisch, „was haben wir denn gemacht, daß Sie uns erschrecken konnten? Wir sprachen nur so, über Wirthschaftsangelegenheiten! … Komm’, Andreas!“ Und er schritt auf die Zaunstiege zu. Gleich hinterm Zaun lag ihre Wiese.

„Und ich wollte Euch um einen Schluck Wasser bitten!“ rief ich hinter ihnen her.

„Gehn Sie ins Haus!“ antwortete der Alte, „dort ist die Alte, sie wird es Ihnen geben.“

Ich trat ins Haus, wechselte mit der alten Baidisch, während sie mir zu trinken gab, höflichkeitshalber einige Worte, und ging dann weiter, den Waldsaum entlang, vor mich her pfeifend. Die Wiese Baidischs fiel mir durch ihr ungewöhnlich schönes Aussehen auf: das Gras auf derselben war hoch und dicht, vor lauter Blumen ganz rosa gefärbt! Ein prächtiger Anblick!

So kam ich nach Hause. Mein Vater war eben erst von seinem Kirchenheuschlag heimgekehrt – es wurde bei ihnen an dem Tage gerade gemäht – und sprach, mit mir am Theetisch sitzend, die ganze Zeit nur über sein Heu: Wie das Gras gerathen war, wie er damit auskommen wollte u. s. w.

„Die Baidischs“, sagte ich, „die haben mal ein Gras auf der Wiese am Walde! Prachtvoll! Aber sie gehen noch nicht ans Mähen.“

„Na, es ist ja auch noch Zeit!“ antwortete der Vater. „Uebrigens wird es jetzt der alte Baidisch wohl schwieriger haben, mit der Wirtschaft fertig zu werden: sein ältester Sohn, Josef, sitzt ja im Gefängniß.“

„Im Gefängniß?“ fragte ich. „Wieso im Gefängniß? Warum?“

„Ja, da hat ihn noch der selige Grundherr hineingesteckt. Und, die Wahrheit gesagt, für eine Bagatelle…. Ueberraschte den Baidisch im Winter mit einer Ladung Holz – so trockener Bruch – im Walde, und gleich mit ihm ins Gericht. Die Folge davon war, daß man den Baidisch wegen ‚Diebstahl und

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Olena Ptschilka: Mein erster Erfolg. Johann Heinrich Wilhelm Dietz, Stuttgart 1898, Seite 607. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PtschilkaMeinErsterErfolg.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)