Seite:Quantz Vorbericht 1759 Seite 2.jpg

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Die Gelegenheit die man im Duett auch immer hat, entweder einen schon von dem andern vorgespielten Satz nachzumachen, oder dem andern damit vorzugehen, giebt nicht wenige absonderlich einem Anfänger, ein eigenes Vergnügen, und feuert seine Aufmerksamkeit sehr an. Es wird dabey nicht übel gethan seyn, wenn man wechselsweise bald die erste, bald die zweyte Stimme spielet.

Trios haben zwar auch zwo concertirende Oberstimmen, würden also die Stelle der Duette vollkommen vertreten können. Allein da man doch beym Studiren unmöglich die Grundstimme dabey haben kann: so ist auch hier, wenn der Baß fehlet, die Harmonie nicht vollständig.

Es bleibt also dabey, daß Duette, zur Erlernung der Musik die bequemsten und nützlichsten Stücke sind. Die Erfahrung bezeuget es an denen, welche im Anfange eine geraume Zeit nur zu Duetten, obgleich manchesmal zu ihrem Verdrusse, sind angehalten worden, zur Gnüge. Wie leicht sind ihnen nicht nachher jede andere Stücke geworden. Die gründlichsten Virtuosen im Singen haben gleichfalls jederzeit einen großen Theil ihrer Fertigkeit und Sicherheit im Vortrage, nicht den Arien, sondern den Duetten zu danken gehabt. Ob nun gleich die Singduetten, wegen Beförderung einer sichern Intonation, allezeit ihre eigene Grundstimme erfodern, und auch bey der Uebung leichter als Instrumentalduette haben können, folglich als Trios anzusehen sind: so kommen sie doch in Ansehung des bindenden und concertirenden Gesanges mit jenen gänzlich überein.

Doch, vielleicht möchte es manchem scheinen, als wenn ich über eine vermeynte Kleinigkeit, ein Duett für zwo Flöten oder dergleichen Instrumente, allzuviel Aufhebens gemacht hätte. Wie aber, wenn ich nun zeigte, daß eben die Duette, so wie ihre besondere Vortheile zu Bildung guter Ausführer, also dabey auch, ihre besondere Schwierigkeiten, bey ihrer Verfertigung hätten?

Es ist wahr, es giebt eine Art Duette, wo beyde Stimmen vom Anfange bis zum Ende fast nichts anders als Terzen und Sexten mit einander daher spielen: und die sind nichts weniger als schwer zu setzen. Allein, wem nur z. E. Herrn Capellmeister Telemanns Flöten-Duette bekannt sind, der wird leicht einsehen, daß ich von jener Art gar nicht geredet habe.

Ein Duett, so wie ich es hier voraus setze, muß 1) auch bey zwo Stimmen doch immer seine richtige Grundstimme, entweder in der einen oder der andern Stimme haben. Weit gefehlt, daß noch ein Baß dazu nöthig wäre: so darf nicht einmal einer, ohne Zwang, dazu gesetzt werden können. In einem Trio hingegen kann, ja muß bisweilen der Baß, wenn er nicht faul seyn soll, etwas den Oberstimmen fehlendes ausfüllen. Aus dieser Ursache aber kann man im Duett einige, eigentlich baßmäßige Gänge nicht allezeit vermeiden. Doch müssen sie sich so selten als möglich ist melden. Weil bey einem zwostimmigen Stücke die Nachahmungen und Abwechselungen der Sätze am leichtesten vernommen werden können: so gehören diese auch 2) am allermeisten hier her; ja sie sind hier am nothwendigsten, wenn man nicht alsobald ins einfältige und abgeschmackte fallen will. Diese Nachahmungen müssen 3) in der äussersten Richtigkeit stehen; sie mögen seyn in was für einem Intervalle sie wollen. Doch sind die in der Oberquinte, in der Unterquarte oder im Einklange die bequemsten. Eine Stimme muß so viel davon bekommen als die andere: so daß immer eine der andern den Satz gleichsam aus dem Munde zu nehmen scheint. 4) Wenn eine Fuge ausgeführet werden soll: so versteht sich von sich selbst, daß der Hauptsatz nach den Regeln des doppelten Contrapuncts so eingerichtet werden muß, daß er einen gefälligen Gegensatz über und unter sich leidet. Der Hauptsatz muß so viel als möglich ist, so wie in allen Fugen, also auch hier, wechselsweise in der einen Stimme so oft als in der andern, doch in verschiedenen Tonarten, vorkommen. Kurz, es müssen alle Regeln

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Johann Joachim Quantz: Vorbericht zu den Duetten op.2. , Berlin 1759, Seite II. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Vorbericht_1759_Seite_2.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)