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Johann Friedrich Ernst von Brawe (1746–1806): Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1.–13. Stück)

und Mörderhauptmann sey, wo sie den Oheim in Verzukkungen hinsterben sieht, wo ihr selbst der Tod aus Carls Händen entgegen tritt, mehr wildes Feuer in ihr Spiel gelegt! – bis zur Unübertrefflichkeit würde sie es dadurch erhoben haben! – Doch vorherige Anstrengungen hatten vielleicht bis dahin die Künstlerin schon zu sehr abgemattet.

Herr Solbrig exprimirte deutlich jedes Gefühl, das der Dichter Hermannen zueignet. Immer sah er dem heimtükkischen Franz tief in die Karte; nur unbezwingliche Leidenschaft für Amalien konnte ihn von Zeit zu Zeit hinreissen, sich zum Werkzeug von Franzens Bosheit wegzuwerfen; kaum aber überzeugte er sich, daß ihn jener nicht mehr schone, daß ihm auf Amalien nicht die mindeste Hoffnung mehr übrig bleibe, so gieng er von geheuchelter Freundschaft rasch zur executiven Rache über. Von allen diesen eben so feinen, als schweren, Nüancen verfehlte heute Herr Solbrig keine; er hielt sich vom Anfang bis zum Ende fest im richtigsten Spiele.

Als Libertiner arbeiteten heute, schon erwähnter maßen, lauter gute Schauspieler; kein Wunder, daß auch in diesem Chaos genügeleistende Ordnung herrschte, selbst aus ihm einzelne Vollkommenheiten hervor schimmerten! –

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Johann Friedrich Ernst von Brawe (1746–1806): Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1.–13. Stück). Friedrich Hermann Nestler, Hamburg 1800, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Raisonirendes_Journal_vom_deutschen_Theater_zu_Hamburg_(1800)_Seite_045.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)