J. F. Ernst (d. i. Johann Friedrich Ernst von Brawe, 1746–1806): Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (14.–26. Stück) | |
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mit Ophelien reußirte hingegen unverbesserlich. In der 14ten[1] Scene des nemlichen Acts zeigte sich Herr Solbrig unleugbar als großer Künstler. In der 1ten Scene des IV. Acts wendete er sich vom Anfang bis zum Schluß zu weit seitwärts, und kehrte dem Publikum fast ganz den Rüken zu, um mit dem Schauspieler zu sprechen. Wenn Herr Kruse, als lezterer, zwey Schritte weiter vor, Herr Solbrig aber mehr nach der rechten Seite, wenigstens in die Mitte, der Bühne traten: so war der ganze Uebelstand vermieden. – Shakespeare hat in dieser Scene große Wahrheiten, goldene Regeln, für die Unvergeßlichkeit geschrieben; möchte ieder practische Schauspieler sie tief ergründen, sich unauslöschlich einprägen, sie, so oft er die Bühne betritt, seinem Gedächtnis wiederholen, sie durch iede einzelne Ausübung seines Berufs bestätigen, sie für iede zum bestimmten Maaßstabe auswählen! Möchte aber auch iedes Publikum, das auf Sittlichkeit, und Cultur, Ansprüche macht, aus eben dieser Scene lernen, wie es die für sein Vergnügen, für seine Veredlung, auf denen Bühnen Arbeitenden würdern, und behandeln, soll, wenn es die Pflichten der Dankbarkeit auf seiner Seite erfüllen, Jene zur muthigen Beobachtung der ihrigen von Zeit zu Zeit ermuntern will! – – In der 4ten Scene des
J. F. Ernst (d. i. Johann Friedrich Ernst von Brawe, 1746–1806): Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (14.–26. Stück). Conrad Müller, Hamburg 1801, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Raisonirendes_Journal_vom_deutschen_Theater_zu_Hamburg_(1801)_Seite_057.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
- ↑ in der Voßischen Edition etc. – die 18te.